Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 08.12.2020 BWA/005/2020 |
Vorlage: | FB 3/087/2020 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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![]() | Beschlussvorlage öffentlich 714 KB |
Die Antragsunterlagen wurden vom Verwaltungsvertreter vorgestellt und erläutert.
Bauvorhaben: 3.
Tektur zu: Änderung der Auflagen des Genehmigungsbescheids vom 30.09.1996 nach
den Empfehlungen des Lärmschutzgutachtens vom November 2020 sowie Nutzung der Betriebsflächen
als Stell- bzw. Lagerplatz
Antragsgegenstand:
Beantragt ist die Änderung der am 30.09.1996, Az. 96000417A / 05.05.1997 Az. G96/417 erteilten Baugenehmigung zur Errichtung einer LKW-Unterstellhalle für den damals bereits ausgeübte Transport- / Speditionsbetrieb. Diese Baugenehmigung beinhaltet eine LKW-Einstellhalle mit Abstellplätzen für 8 LKW; Außenstellplätze sind nicht Genehmigungsbestandteil. Außerdem wurde die Baugenehmigung damals antragsgemäß nur für LKW-Fahrten in der Tagzeit (06:00 – 22:00 Uhr) genehmigt. Weiter wurde durch Nebenbestimmung die Einhaltung von (reduzierten) Immissionsrichtwerten in Höhe von tagsüber 57 dB(A) und nachts 42 dB(A) geregelt.
Aufgrund bauaufsichtlicher Überprüfungen wurde 2014 festgestellt, dass der Betrieb abweichend von der Baugenehmigung auch eine erhebliche Anzahl Außenstellplätze für die mittlerweile 18 LKW auf dem Betriebsgelände nutzt und der Betreib auch in der Nachtzeit erfolgt.
Mit Änderungsantrag (1. Tektur) vom 21.12.2015 wurde dann die nachträgliche Genehmigung des zwischenzeitlich deutlich vergrößerten Betriebes (18 LKW) und der geänderten Betriebsabläufe (insbes. mit Nachtbetrieb) begehrt. Über diesen Antrag wurde bislang noch nicht entschieden, da wesentliche Entscheidungsgrundlagen noch ungeklärt waren. Im Mittelpunkt der Rechtsklärung standen die Betrachtung der Fl.Nr. 29/1 (landwirtschaftliche Scheune) und der im Nordwesten angrenzenden Teilflächen des Grundstücks Fl.Nr. 7 (Steinegger) als maßgebliche Immissionsorte und die Berücksichtigung von Vorbelastungen durch andere Betriebe. Auch das Betriebsgeschehen und die Betriebsabläufe waren noch anzupassen.
Mit Baugenehmigung vom 14.10.2019, Az. B-2019-3116 RAL, wurde die Baugenehmigung zur Errichtung eines Carports für 10 Fahrzeuge erteilt. Mit der baurechtlichen Zulassung dieses Gebäudes, mit der die Abschirmung der PKW-Parkplätze südlich der LKW-Abstellhalle gegenüber dem westlichen Nachbargrundstück Fl.Nr. 7/4 (Steinegger) erreicht werden kann, wurde dann die Grundlage für die weiteren Lärmermittlungen geschaffen.
Auch über einen 2. Tekturantrag mit geänderter Betriebsbeschreibung vom 09.06.2020 wurde bislang noch nicht entschieden.
Der jetzt vorgelegte Änderungsantrag (3. Tektur) weicht erheblich von den bisherigen Änderungsanträgen ab. So wurde im Laufe des über 5-jährigen Antragsverfahren erreicht, dass entscheidungserhebliche Rechtsfragen neu beurteilt wurden. So wurde unter Beiziehung des Bayerischen Staatsministeriums für Bauen, Wohnen und Verkehr geklärt, dass dem forstwirtschaftlichen Betriebsgebäude am nördlichen Ortsrand mangels Zulassung einer Nachtbetriebszeit auch keine Vobelastungswirkung gegenüber dem Immissionsort 29/2 (landwirtschaftliche Scheune) zukommt. Für diesen im Hinblick auf die (einzige) Ausfahrtsmöglichkeit in der Nachtzeit zentralen Immissionsort wurde damit eine Erhöhung der IRW von 42 dB(A) auf 44 dB(A) möglich.
Im Zuge des 2. Änderungsantrages konnte jetzt auch die rechtliche Klärung herbeigeführt werden, dass auch keiner der sonstigen in Nettelkofen zulässigen Gewerbebetriebe eine Nachtbetriebszeit aufweist. Mangels Vorbelastungen steht dem Vorhaben damit in der Nachtzeit der volle Immissionsrichtwert von 45 dB(A) zur Verfügung.
Anhand dieser entscheidenden
Lärmparameter wurde jetzt in einem auf darauf abgestimmten Betriebskonzept, das
durch den Tekturplan vom 10.11.2020 und durch das Lärmgutachten vom 10.11.2020
(das mittlerweile 8. Lärmgutachten !!!) beschrieben ist, ein
genehmigungsfähiger Speditionsbetrieb entwickelt.
Die Antragsunterlagen sehen folgende Änderungen / Ergänzungen gegenüber
der bisherigen Baugenehmigung 1996 vor:
a)
die
Ausweitung der Betriebszeiten auf die Nachtzeit mit max. 6 LKW-Bewegungen je
lauteste Nachtstunde
(bisheriger Regelungsinhalt: 06:00-22:00
Uhr; in der Zeit von 06:00 – 07:00 Uhr und von 19:00 - 22:00 sind max. 2
LKW-Bewegungen zugelassen)
b)
Nutzungserweiterung
des Speditionsbetriebes auf insgesamt 18 LKW
(bisheriger Regelungsinhalt: 8 LKW
Abstellplätze)
c)
Nutzungserweiterung
der LKW-Unterstellhalle auf bis zu 10 LKW (je 2 LKW für die Tore 2-6)
(bisheriger Regelungsinhalt: 8 LKW
Abstellplätze)
d)
Nutzung
der LKW-Unterstellhalle auch zu Lagerzwecken. Die Planzeichnung und die
Antragsbezeichnung sehen jetzt ausdrücklich auch eine – für Speditionsbetreibe
letztlich typische – Nutzung der LKW-Abstellhalle zu Lagerzwecken vor. Wie aus
den übrigen Antragsunterlagen erkennbar ist, ist hier eine Mehrzwecknutzung
(Wechselnutzung) vorgesehen.
(bisheriger Regelungsinhalt:
LKW-Abstellhalle mit Werkstatt und Waschplatz)
e)
die betriebliche
Nutzung der Außenflächen mit
- 6 LKW-Stellplätzen im Osten (Südfläche
Fl.Nr. 4)
- 4 LKW-Stellplätze nördlich der LKW-Halle
- 5 LKW-Abstellplätze südlich der LKW-Halle
in der Tagzeit (vgl. Lärmgutachten
S. 21; in der Bauzeichnung durch blaue
Schraffur auf Rangier-/Hoffläche gekennzeichnet)
- der befestigten Flächen des
Betriebsgeländes zur Mitnutzung als Lagerfläche
(bisheriger Regelungsinhalt: keine LKW-Abstellplätze auf den
Außenflächen)
f)
Änderung
des Schalldämmmaßes der Dachkonstruktion auf 31 dB(A)
(bisheriger Regelungsinhalt: Schalldämmmaß
Dachkonstruktion 37 dB(A))
g)
Errichtung
von 10 PKW-Stellplätzen südlich der LKW-Halle mit geschlossener Rückwand als
Carport als tatsächliche Voraussetzung für die lärmtechnische Zulässigkeit (Baugenehmigung
bereits erteilt am 14.10.2019, B-2019-3116 RAL)
h)
Aufweitung
der nordwestlichen Betriebszufahrt und Errichtung von 6 PKW-Stellplätzen
(Verlegung) im Nordwesten
i)
Schrankenanlagen
an den übrigen Zufahrten (Süden, Osten und Nordosten) zum Ausschluss der
LKW-Nutzung in der Nachtzeit
j)
Errichtung
einer Lärmschutzwand (Höhe 2 m) an der Süd- und Ostseite der LKW-Abstellplätze
im Osten
Die Stadt Grafing b.M. nimmt im Rahmen des gemeindlichen Einvernehmens
(§ 36 BauGB) wie folgt Stellung (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBO):
Bereichszuordnung:
Das gegenständliche Transportunternehmen wurde im Jahr 1996 als
sonstiges Außenbereichsvorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB genehmigt. Dem lag eine
gesonderte Änderung des Flächennutzungsplanes (7. Änderung) zu Grunde, in der
erstmals der bereits bebaute bzw. zur Bebauung vorgesehene Bereich von
Nettelkofen als Baugebiet (Dorfgebiet) dargestellt wurde. Aufgrund des
Ergebnisses der Abwägungsentscheidung in einem „vorhabenbezogenen“
Flächennutzungsplanänderungsverfahren war eine Beeinträchtigung von
öffentlichen Belangen (§ 35 Abs. 3 BauGB), die dem Vorhaben nach § 35 Abs. 2
BauGB entgegenzuhalten wären, nicht mehr zu erkennen. Insbesondere waren auch
das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen (§ 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB) nicht zu
erwarten, da durch entsprechende Regelungen in der Baugenehmigung die
Lärmverträglichkeit für das Schutzniveau eines Dorfgebietes (entspricht auch
dem Schutzniveau für eine im Außenbereich gelegene Bebauung) sichergestellt
werden konnte.
Mittlerweile erfüllt die Ortschaft Nettelkofen die Anforderungen eines
Ortsteils im Sinne des § 34 BauGB. Das Baugrundstück liegt inmitten des
Bebauungszusammenhangs und ist jetzt dem Innenbereich zuzuordnen. Dem
Flächennutzungsplan kommt insoweit keine unmittelbare Rechtswirkung mehr zu,
was insbesondere auch hinsichtlich der dortigen Darstellungen von Bauflächen
bzw. den anschließenden Grünflächen gilt.
Die Zulässigkeit der beantragten Nutzung der bisher unbebauten Flächen
nördlich der Halle (offene LKW-Abstellplätze) beurteilt sich danach, ob auch
diese hinter der letzten Gebäudefassade liegenden Teilflächen noch dem
Innenbereich zuzurechnen sind. Der Bebauungszusammenhang endet grundsätzlich
mit dem Abschluss des letzten Gebäudes. Jedoch bildet in der vorliegenden
Situation der Seeoner Bach mit seiner Ufervegetation in Form eines Strauch- /
Baumgürtels und der parallel dazu verlaufenden Gemeindestraße die Wirkung einer
topographischen Zäsur und definiert damit den Bebauungsabschluss. Aufgrund
dieser topographischen Begrenzung des Bebauungszusammenhangs sind auch die
Flächen nördlich der Halle (letztes Gebäude) bis hin zum Seeoner Bach dem
Innenbereich zuzurechnen und damit bebaubar. Es handelt sich dabei auch
notwendigerweise nur um einige wenige Grundstücke, die durch diese natürliche
Begrenzung dem Innenbereich zugehören. Der mittlerweile nördlich des Seeoner
Baches entstandenen forstwirtschaftlichen Halle kommt dagegen hinsichtlich der
Bereichszuordnung keine Prägungswirkung zu, da sie als bloße Lagerhalle für
Brennholz nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dient (BVerwG
30.06.2015).
Art der baulichen Nutzung:
Das beantragte Vorhaben fügt sich hinsichtlich der Art der baulichen
Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein (§ 34 Abs. 1 BauGB). Hier ist
von entscheidender Bedeutung, ob die Eigenart der näheren Umgebung noch einem
Dorfgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO) entspricht. Dazu wird
verlangt, dass die vorhandenen Nutzungsarten eindeutig in der gemäß § 5 BauNVO
gesetzlich definierten Gebietsart zulässig sind.
Das ist hier aber nicht der Fall. Speditionsbetriebe stellen aufgrund
Ihrer Störwirkung keine „nicht wesentlich störenden Gewerbebetriebe“ mehr dar
und sind somit in Dorfgebieten unzulässig (vgl. insbesondere BayVGH 29.03.2010,
BVerwG 06.06.2019). Durch die Existenz des in zulässiger Weise errichteten
Speditionsbetriebes und damit eines erheblich belästigenden Gewerbebetriebes
entspricht die Eigenart der Umgebung nicht mehr der Gebietsart eines
Dorfgebietes.
Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass der Betrieb nicht erst mit
der jetzt beantragten Baugenehmigung zum (erheblich störenden)
Speditionsbetrieb wird, sondern schon die Nutzungsart des bisher in zulässiger
Weise errichteten Betriebes (Baugenehmigung vom 30.09.1996: 8 LKW) einem
erheblich belästigenden Speditionsbetrieb entsprochen hat. Rechtsfolge ist,
dass die Eigenart der Bebauung keinem „Dorfgebiet“ und damit keinem Baugebiet
nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung (BauNVO) entspricht
(vgl. hierzu ausdrücklich: BVerwG 06.06.2019), sondern eine sog. Gemengelage
darstellt.
Daran ändern auch die (immissionsschutzfachlichen) Nebenbestimmungen der
damaligen Baugenehmigung nichts, die hinsichtlich der Lärmentwicklung die
Einhaltung der Immissionsrichtwerte eines Dorfgebietes verlangt hat. Allein
entscheidend ist hier eine typisierende Betrachtungsweise der jeweiligen
Nutzungsart (und nicht dessen spezifisches Betriebsgeschehen); hier fallen
Speditionsbetriebe den Nutzungstypen der wesentlich störenden Gewerbebetriebe
zu. Eine Abweichung von der typisierenden Betrachtungsweise und Würdigung des
konkreten Betriebes kommt nur in den ganz seltenen Fällen in Betracht, in denen
ein Betrieb nicht das branchentypische Erscheinungsbild aufweist (BVerwG
07.05.1971). Eine derartig atypische Fallgestaltung kann aus einer
immissionsschutzfachlichen Nebenbestimmung aber nicht abgeleitet werden (vgl.
BayVGH 08.05.2000). Bei dem 1996 genehmigten und damit in zulässiger Weise
ausgeübten Fuhrunternehmen mit 8 LKW handelt es sich damit ungeachtet des durch
die Baugenehmigung beschränkten Emissionsverhaltens um einen wesentlich
störenden Gewerbebetrieb.
Die nähere Umgebungsbebauung entspricht damit keinem Dorfgebiet (§ 34
Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO), in dem ein Speditionsbetrieb nicht
gebietsverträglich wäre (§ 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Es liegt stattdessen
eine sog. (Klein-)Gemengelage vor, also dem nahen nebeneinander eines störenden
Gewerbebetriebes und einer (schutzwürdigen) Wohnbebauung. Diese
Gemengelagesituation begrenzt sich auf das Umfeld des Speditionsbetriebes (und
erfasst nicht automatisch den gesamten Ortsteil Nettelkofen).
In Gemengelagen beurteilt sich die Zulässigkeit hinsichtlich der Art der
baulichen Nutzung allein gemäß § 34 Abs. 1 BauGB nach dem Gebot des Einfügens.
Dort ist das geplante Vorhaben (Erweiterung des Speditionsbetriebes durch ein
geändertes Betriebsgeschehen, Nachtbetrieb, weitere Abstellplätze usw.)
zulässig, da bei der Beurteilung des Einfügungsgebotes zur Art der baulichen
Nutzung nach § 34 Abs. 1 BauGB allein darauf abzustellen ist, ob eine
entsprechende Nutzungsart (hier ein „nicht erheblich belästigender
Gewerbebetrieb“) schon tatsächlich vorhanden ist. Auf die Größe oder den Umfang
des Betriebes kommt es an dieser Stelle nicht an.
Gleiches gilt für die jetzt zusätzlich beantragte Nutzung der Halle als
Lagerfläche. Soweit es sich hier nicht schon um einen unselbständigen Teil des
Speditionsbetriebes (Variationsbreite), sondern um eine selbständige
Hauptnutzung handelt, fügt sich auch diese ein (§ 34 Abs. 1 BauGB). So sind
(selbständige) Lagernutzungen auch im Gebäude Nettelkofen 21 zugelassen und
damit schon tatsächlich schon vorhanden. Auch sind (selbständige) Lagergebäude
nicht nur in Gewerbegebieten zulässig, sondern auch in anderen Gebietsarten
(BVerwG 08.11.2001).
Letztendlich ist es unerheblich, ob es sich bei der Lagernutzung um
einen untergeordneten Teil des wesentlich störenden Gewerbebetriebes
(Speditionsbetrieb) handelt (hiervon ist aufgrund der Betriebsbeschreibung
auszugehen), oder um einen weiteren selbständigen Hauptbetrieb handelt. Beide entsprechen
der bereits vorhandenen Nutzungsart der (wesentlich störenden) Gewerbebetreibe,
wie sie mit dem Speditionsbetrieb schon vorhanden sind und sich damit einfügt.
Somit ist diese Nutzung in der vorgefundenen Gemengelage zulässig.
Auf die Prüfung einer Abweichung nach § 34 Abs. 3a Nr. 1 Buchstabe a
BauGB kommt es damit nicht mehr an.
Rücksichtnahmegebot:
Die beantragte Zulassung des über die bisherige Baugenehmigung
hinausgehenden Betriebes fügt sich damit grundsätzlich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB
ein (Gebietsverträglichkeit), ist also hinsichtlich seiner Nutzungsart
innerhalb der dortigen Umgebung zulässig. Grenzen ergeben sich aber aus dem
Gebot der Rücksichtnahme. Obwohl ein Vorhaben in jeder Hinsicht den Rahmen der
Umgebungsbebauung einhält, ist es dann unzulässig, wenn es an der gebotenen
Rücksichtnahme gegenüber der unmittelbaren Nachbarschaft fehlt
(Umgebungsverträglichkeit). Dabei kommt dem Rücksichtnahmegebot gerade in
Gemengelagen, also einem Nebeneinander mit (schutzwürdiger) Wohnbebauung und
(erheblich störenden) Gewerbebetrieben besondere Bedeutung zu. Es dient zum
Schutz der Nachbarschaft vor unzumutbaren Beeinträchtigungen und schafft einen
angemessenen Ausgleich zwischen dem, der baut, und der umliegenden
schutzwürdigen Wohnbebauung.
Im vorliegenden Fall steht die gegenseitige und wechselseitige
Rücksichtnahmepflicht hinsichtlich des Gewerbelärms im Mittelpunkt der
Zulässigkeitsprüfung. Die Beurteilung dessen, was unter dem Gebot der
Rücksichtnahme noch lärmverträglich ist, bestimmt sich hier (Gewebelärm) nach
der TA-Lärm (vgl. Nr. 1 TA-Lärm). Diese bestimmt als normkonkretisierende
Verwaltungsvorschrift die Grenzen der Zumutbarkeit. Werden diese Grenzen
überschritten, ist das Vorhaben unzulässig. Werden die Grenzen aber
eingehalten, hat das Vorhaben einen Zulassungsanspruch!
Anzumerken ist, dass sich hinsichtlich der Zumutbarkeitsgrenzen zwischen
der vorliegenden Gemengelage und einem Dorfgebiet keine grundlegend anderen
Folgen ergeben. Auch in Gemengelagen und den dort zu bildenden Zwischenwerten
sollen die Dorfgebietsrichtwerte
nicht überschritten werden (Nr. 6.7 TA-Lärm). Geringfügige Überschreitungen
wären aber noch als verträglich anzusehen, insbesondere bei seltenen
Spitzenpegelbelastungen.
Das Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung vom 10.11.2000, das mit
dem dort beschriebenen Betriebsgeschehen (Betriebsbeschreibung) maßgebliche
Grundlage und wesentlicher Bestandteil des Bauantrages ist, zeigt, dass an
allen maßgeblichen Immissionsorten die für Dorfgebiete geltenden Immissionsrichtwerte
der TA-Lärm von 60 dB(A) in der Tagzeit und 45 dB(A) in der Nachtzeit
eingehalten werden. Das gilt insbesondere gegenüber den Immissionsorten in der
unmittelbaren Nachbarschaft Fl.Nr. 29/2 und Fl.Nr. 3.
Entscheidend ist, dass der Beurteilung nicht mehr die um 3 dB(A)
reduzierten Immissionsrichtwerte zu Grunde gelegt werden, wie es noch in der
Baugenehmigung vom 30.09.1996 der Fall war, sondern die vollen
Immissionsrichtwerte der TA-Lärm. Die reduzierten Immissionsrichtwerte hatten ihren
Grund in der Annahme einer Vorbelastung durch andere Betriebe im
Einwirkungsbereich der jeweiligen Immissionsorte. Diese widerlegbare Auffassung
ist Teil der üblichen Genehmigungspraxis der Bauaufsichtsbehörden und wurde
auch in der Baugenehmigung vom 30.09.1996 durch die Nebenbestimmung zur
Einhaltung reduzierter IRW verlangt. Im Rahmen des gegenständlichen Antrages
wurde jedoch jetzt ermittelt, dass in der Nachtzeit
keine Vorbelastungen durch andere Betriebe existieren, die dem
Anwendungsbereich der TA-Lärm unterfallen. So besteht für keinen der in
Nettelkofen zugelassenen Gewerbebetriebe bisher eine zugelassene Betriebszeit
in der Nachtzeit. Mangels Vorbelastungen durch andere Betriebe stellt
der beantragte Betrieb der Spedition die Gesamtbelastung dar, die bis zu einem
IRW von 45 dB(A) zulässig ist. Dieser IRW kann also mangels Vorbelastung allein
durch den Speditionsbetrieb beansprucht werden.
Das gilt nur für die Nachtzeit.
Das schalltechnische Gutachten vom 10.11.2020 geht aber irrtümlich auch für die
Tagzeit davon aus, dass die
immissionsrichtwerte in unverminderter Höhe zur Anwendung gebracht werden.
Diese Annahme ist zwar unzutreffend, führt aber letztendlich zu keinem unrichtigen
Ergebnis. Die um 3 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwerte für die Tagzeit (57
dB(A)) werden nach der Gutachter- und Genehmigungspraxis ebenfalls an allen
Immissionsorten eingehalten (Rundungsregeln). Die Stadt Grafing b.M. vertritt
hier eine andere Auffassung: Die Überschreitungen um 0,1 dB(A) beim IO Fl.Nr. 3
sind nach Ansicht der Stadt Grafing b.M. nicht zulässig, da die IRW (und
Spitzenpegel) als Grenzwerte zu betrachten sind und damit keine mathematische
Überschreitung erlaubt ist (vgl. auch VG München, 16.12.2015, das ebenfalls
eine mathematische Rundung ablehnt).
Die Überschreitung ist mit 0,1 dB(A) aber derart geringfügig, dass sie
durch einfache Einschränkungen des Betriebskonzeptes korrigiert werden kann.
Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. 7, dem westlich angrenzenden
Grundstück, wurde im Schallgutachten kein Immissionsort ermittelt. Zwar handelt
es sich dort um eine unbebaute Fläche, auf der nach dem Bau- und Planungsrecht
Gebäude mit schutzwürdigen Räumen erstellt werden dürfen (A.1.3 Buchstabe b
TA-Lärm). Diese Betrachtung ist aber nicht unumstritten. Der BayVGH hat im
Urteil vom 02.05.2017 dargelegt, dass A.1.3 Buchstabe b TA-Lärm dann keine
Anwendung findet, wenn sich der maßgebliche Immissionsort schon nach Buchstabe
a ergibt (also eine vorhandene Bebauung mit schutzwürdigen Räumen schon auf dem
Grundstück existiert). Damit wäre hier auf das vorhandene Gebäude in der
Hofstelle abzustellen, nicht auf die unbebauten (aber bebaubaren) Flächen der
FlNr. 7 unmittelbar neben dem Betriebsgrundstück. Das kann jedoch offengelassen
werden. Jedenfalls wurde mittels Dienstbarkeit geregelt, dass auf der Fl.Nr. 7
keine Bebauung zulässig ist, die ein Fenster von schutzwürdigen Räumen
aufweist, an dem die Immissionsrichtwerte und Spitzenpegelkriterien der TA-Lärm
durch den Speditionsbetrieb überschritten werden (Unterlassungsdienstbarkeit).
Hierbei handelt es sich nicht um einen öffentlich-rechtlich unwirksamen
Verzicht auf Lärmschutz (vgl. BayVGH 11.07.1994), sondern um eine zulässige
privatrechtliche Regelung zur Vermeidung von Lärmkonflikten (BVerwG 28.04.1978
und 23.01.2002). Der dinglich gesicherte Verzicht, auf der Fl.Nr. 7 der
Gemarkung Nettelkofen keinen gegenüber dem Speditionsbetrieb maßgeblichen
Immissionsort zu errichten, lässt die Rücksichtnahmepflicht entfallen. Damit
ist sichergestellt, dass keine unzumutbaren Lärmbelästigungen für das
Grundstück Fl.Nr. 7 entstehen.
Anders verhält es sich gegenüber dem Grundstück Fl.Nr. 7/4 der Gemarkung
Nettelkofen, das südlich der LKW-Halle östlich angrenzt. Hier wird durch die
Errichtung eines an der Westseite geschlossenen Carports eine
Lärmabschirmung bewirkt, die zur Einhaltung der IRW auf dem Grundstück Fl.Nr.
7/4 führt. Diese bereits mit Baugenehmigung vom 14.10.2019 (B-2019-3116 RAL)
zugelassene Lärmschutzeinrichtung ist auch Antragsbestandteil des
gegenständlichen Änderungsbauantrages (Tektur); die Existenz wird bei der
schalltechnischen Beurteilung vorausgesetzt. Aufgrund der Teilbarkeit der
Baugenehmigung ist die tatsächliche Umsetzung des Carports gemäß der o.g.
Baugenehmigung durch eine Nebenbestimmung sicherzustellen, da erst damit auch
die rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für den Immissionsort Fl.Nr. 7/4
geschaffen werden (Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG).
Ergebnis:
Das Vorhaben, wie es ausweislich der Bauvorlagen und den weiteren
einbezogenen Unterlagen (Betriebsbeschreibung und Lärmgutachten)
Antragsgegenstand und Beurteilungsgrundlage ist, führt damit nicht zu
unzumutbaren Lärmeinwirkungen gegenüber der Umgebungsbebauung und fügt sich damit
hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung uneingeschränkt ein; für den
Immissionsort Fl.Nr. 3 ist durch Änderung des Betriebskonzeptes eine
Reduzierung um 0,1 dB(A) in der Tagzeit auf damit max. 57 dB(A) zu erreichen.
Maß der baulichen Nutzung, überbaubare
Grundstücksflächen
Auch hinsichtlich der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen entspricht
das Vorhaben dem Einfügungsgebot. Insbesondere widersprechen die
LKW-Abstellplätze im Nordwesten, die über den bisherigen Abschluss der Bebauung
hinausgreifen, nicht dem Einfügungsgebot hinsichtlich der zu überbauenden
Grundstücksflächen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Für die Konkretisierung dieses
Begriffs kann auf die Regelung des § 23 BauNVO zurückgegriffen werden (vgl.
BayVGH 25.04.2015). Hier ist zu berücksichtigen, dass die „faktischen
Baugrenzen“ nicht nur für Gebäude, sondern für alle bauliche Anlagen zu
beachten sind (BVerwG 07.06.2001), damit auch für Stellplätze. Die
Überschreitung des Einfügungsrahmens führt aber ausnahmsweise dann nicht zur
Unzulässigkeit, wenn es keine städtebaulichen Spannungen hervorruft. Bei der
Prüfung kann auch auf die Wertung des § 23 Abs. 5 BauNVO zurückgegriffen
werden, wonach sich nicht Abstandflächenpflichtige Anlagen leichter als
(sonstige) Hauptanlagen einfügen, auch wenn sie den Rahmen überschreiten. So
verhält es sich auch hier. Anders als ein weiteres Hinausgreifen durch Gebäude
führt die Errichtung von nicht überdachten (LKW-) Stellplätzen noch nicht zu
planungsbedürftigen städtebaulichen Spannungen oder einer planerischen
Unordnung. Das Vorhaben entspricht damit auch insoweit dem Einfügungsgebot.
Die LKW-Abstellplätze im Osten und jetzt auch die dort umlaufende
Lärmschutzwand (Höhe 2 m) fügen sich ebenfalls ein. Entlang dieser
Grundstücksseite reichen die faktischen Baugrenzen ohnehin bis unmittelbar an
die Straße heran (vgl. gegenüberliegende Bebauung).
Örtliche Bauvorschriften:
Für die östlichen LKW-Abstellplätze wird jetzt eine Lärmschutzwand mit
einer Höhe von 2 m errichtet. Die Anforderungen der städtischen Einfriedungssatzung
vom 11.06.2008 sind beachtet. Es mag zwar fraglich sein, ob die Lärmschutzwand
– die nicht das Grundstück gegen die äußeren Lärmeinflüsse schützt, sondern die
Umgebungsbebauung vor der Lärmausbreitung – überhaupt dem Anwendungsbereich der
Einfriedungssatzung unterliegt (vgl. Legaldefinition in § 2 As. 1
Einfriedungssatzung). Hinzu kommt, dass die LSW in einer Entfernung von mehr
als 8 m zur Grundstücksgrenze liegt und damit auch in ihrer äußeren Wahrnehmung
keine Einfriedungswirkung auslöst. Da aber die materiellen Regelungen der
Einfriedungssatzung hinsichtlich der zulässigen Höhe von max. 2 m und des
Außenabstandes (0,6 m) eingehalten werden, braucht hierauf nicht näher
eingegangen werden; die materiellen Anforderungen der Einfriedungssatzung sind
ohnehin eingehalten.
Die LSW ist nach außen hin möglichst zu begrünen.
Wasserrecht:
Das Bauvorhaben liegt im 60-m-Bereich zum Seeoner Bach, für den in
diesem Abschnitt gemäß der maßgeblichen Regierungsverordnung vom 13.03.2014
eine Anlagengenehmigungspflicht besteht (§ 36 WHG, Art. 20 BayWG).
Erschwernisse der Gewässerunterhaltung werden durch das Vorhaben nicht
entstehen; für die Gewässerunterhaltung steht in diesem Bereich die
Gemeindestraße zur Verfügung. Schädliche Gewässerveränderungen sind aufgrund
der Trennung des Bauvorhabens zum Gewässer durch die dazwischen verlaufende
Gemeindestraße nicht zu erkennen.
Erschließung:
Mit der Vergrößerung des Betriebes auf 18 LKW und der Hauptabwicklung
des LKW-Verkehrs (vor allem in der Nachtzeit) auf die nordöstliche Zufahrt ist
die vorhandene Breite der für den öffentlichen Verkehr gewidmeten
Gemeindestraße an der Nordseite des Betriebsgeländes von ca. 4,6 m ein
gefahrloser Begegnungsverkehr nicht mehr gewährleistet. Ein Begegnungsverkehr
zwischen LKW und PKW und natürlich mit den breiteren landwirtschaftlichen
Fahrzeugen ist in der vorliegenden Erschließungssituation nicht möglich. Dass
die Straße bereits auf 7,5 m Breite tatsächlich benutzbar ist, ist hier nicht
ausreichend, denn auch Dritte sind zur Benutzung dieser privaten Verkehrsfläche
im Begegnungsfall gezwungen. Die Widmung der Gemeindestraße im Norden auf die
tatsächlich schon vorhandene Breite von ca. 7,50 m ist Voraussetzung für eine
ungehinderte Abwicklung des LKW-Verkehrs.
Allgemeines Verwaltungsrecht:
Das in den Bauvorlagen (insbesondere Lärmgutachten) dargestellte
Betriebsgeschehen beschreibt Betriebsabläufe, die auch den Anforderungen der
Bestimmtheit und der praktischen Überwachungsfähigkeit entsprechen. Gerade für
die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen (Rücksichtnahmegebot) reicht es
bei dem vorgenannten Betreib nicht aus, lediglich die einzuhaltenden
Immissionsrichtwerte in der Baugenehmigung festzulegen. Hier muss die Nutzung
schon in der Baugenehmigung durch weitere Regelungen (Nebenbestimmungen, Art.
36 Abs. 1 BayVwVfG) konkretisiert und eingeschränkt werden (BayVGH 18.07.2002).
Das ist durch die im Antrag (Lärmgutachten) bereits bezeichneten
Auflagenvorschläge in rechtmäßiger Weise möglich.
Aufgrund des verwaltungsrechtlichen Prioritätsgrundsatzes (vgl. BayVGH
vom 28.01.2016) erhält bei konkurrierenden Anträgen derjenige im
Zulassungsverfahren Vorrang, der als Erster eingereicht wurde. Aus diesem
Grunde sind bei der Beurteilung des Bauvorhabens die anhängigen Bauanträge zur
Erhöhung des Lärmgeschehens für den Brennholzproduktionsbetrieb (Fl.Nr. 177)
unbeachtlich. Sie sind auch nicht als künftige Vorbelastung bei der Ermittlung
der maßgeblichen Gesamtlärmbelastung einzustellen.
In der anschließenden sehr kritischen und ausführlichen Diskussion zweifelte ein
Ausschussmitglied daran, dass die LKWs auf den Parkplätzen im Osten parken
können, da diese schmaler aussehen als diejenigen im Norden. Der Vertreter der
Verwaltung entgegnete, dass diese Stellplätze mit 3 m sehr schmal bemessen sind
und eine Mindestbreite von 3,5 m empfohlen wird. Jedoch gibt es keine
zwingenden Mindestbreiten, die hierfür verlangt werden können.
Auf Nachfrage erläuterte er, dass die 2m hohe Lärmschutzwand ausweislich
dem Ergebnis des Schallgutachtens ausreicht, um den Lärm abzuhalten. Die Wand
wird so nah wie möglich an den LKW-Stellplätzen errichtet, was für die
Schallschutzwirkung wesentlich ist.
Erheblicher Diskussionsbedarf bestand hinsichtlich der geänderten Erkenntnis,
dass nunmehr die Immissionsrichtwerte ohne Reduzierung beansprucht werden
können. Wie von Anliegern nachvollziehbar geltend gemacht wurde, bleibt damit
kein Raum mehr für andere Betriebe. Es ist deshalb dafür zu sorgen, dass im
Interesse der Fortentwicklung des Ortsteils Nettelkofen noch eine nennenswerte
Reserve für Lärmemissionen verbleibt. Die vollständige Inanspruchnahme der
Immissionsrichtwerte, so von Anliegern unter Berufung auf Äußerungen der
Immissionsschutzbehörde, widerspricht den Grundsätzen der planerischen Vernunft
und der Gleichbehandlung. Es wurde die Forderung erhoben, die Lärmentwicklung
auf die reduzierten IRW von 57 / 42 dB(A) zu beschränken. Gerade auch die
Landwirtschaft muss geschützt werden.
Seitens der Verwaltung wurde erläutert, dass bei dem hier anzuwendenden
Rücksichtnahmegebot kein Spielraum für Ermessensentscheidungen verbleibt.
Anders als in der Planungsverwaltung, etwa bei der Aufstellung von
Bebauungsplänen, kann die Stadt Grafing b.M. das gemeindliche Einvernehmen nur
aus den in § 36 BauGB genannten Gründen verweigern. Es handelt sich bei der
Ausfüllung des unbestimmten Rechtbegriffs des „Rücksichtnahmegebotes“ aber um
kein Ermessen; es ist hier eine gerichtlich vollständig nachprüfbare
Entscheidung zu treffen (gebundene Entscheidung), ob der Betrieb unzumutbare
Lärmbelästigungen bewirkt. Diese den Schutz der Wohnruhe dienende Grenze wird
von der TA-Lärm bestimmt, einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift.
Was „zu Laut“ ist – also nicht mehr zumutbar und damit störend –, bestimmt sich
nach diesem Regelwerk. Dabei hat der Normgeber eine sog. „Akzeptorbezogene
Betrachtungsweise“ gewählt, in dem er die Gesamtlärmbelastung an jeden
Immissionsort zu Grunde liegt. Das Wohnen ist dabei zu schützen, und zwar
unabhängig von der Herkunft des Lärms – vorausgesetzt dass es sich um
gewerblichen Lärm im Anwendungsbereich der TA-Lärm handelt. Die herkömmliche
Geräuschentwicklung der Landwirtschaft, etwa der Einsatz von Erntemaschinen in
der Nachtzeit – fällt nicht darunter.
Anders als bei der Bauleitplanung und den dort verfügbaren
Planungsinstrumenten wie der Gliederung eines Baugebietes nach dem
Emissionsverhalten und der dafür möglichen Bestimmung von Lärmkontingenten (DIN
45691), steht bei der Einzelgenehmigung kein Recht zur Lärmvorsorge.
Die Einschätzung, damit wären keine weiteren Gewerbebetreibe mehr
zulässig, ist ebenfalls nicht uneingeschränkt nachzuvollziehen. Gerade für die
Tagzeit muss der Speditionsbetrieb schon die vorab zugelassenen Gewerbebetriebe
und deren Lärmgeschehen (Vorbelastung) berücksichtigen. Nur in der Nachtzeit
werden die Immissionsrichtwerte an einzelnen Immissionsorten erschöpfend
beansprucht. Maßgeblich ist aber auch hier die Betrachtung der jeweiligen
Immissionsorte. Etwa bei der Bebauung südlich des Betriebes werden die IRW
deutlich unterschritten. Hier können auch in der Nachtzeit noch andere Betriebe
einen nennenswerten Lärmanteil beanspruchen. Ob das wünschenswert ist, bleibt
dahingestellt.
Auf die Frage, wer die Auflagen kontrolliert, entgegnete der
Verwaltungsvertreter, dass dies Aufgabe der Bauaufsicht bzw. staatlichen
Immissionsschutzbehörde im Landratsamt sei. Die effektivste „Kontrolle“ erfolgt
meist durch die Anwohner, die vom Lärm belästigt werden. Hier darf man aber die
Zulässigkeit des Vorhabens nicht mit etwaigen Schwächen bei der
Vollzugskontrolle in Frage stellen, so der Vertreter der Verwaltung. Der
Vollzug ist allein eine staatliche Aufgabe und wird auch konsequent vollzogen.
Man kann aber einem Vorhaben die Zulässigkeit nicht absprechen, allein aufgrund
der vermuteten Verstöße gegen die künftigen Nebenbestimmungen.
Ein
Ausschussmitglied führte aus, dass der Betrieb bereits 1996 als kritisch
betrachtet wurde. Das Dorfgebiet habe sich durch die Spedition verändert. Er
sei der Meinung, dass ein Speditionsbetrieb in dieser Größenordnung außerhalb
von Wohnbereichen liegen sollte. Dieser habe sich in 24 Jahren mehr als
verdoppelt. Man müsse vorausdenken auf die Zukunft. Es wurde vorgeschlagen,
dass in Zukunft alle Beteiligten an einen Tisch geholt werden, um auftretende
Bedenken schon im Vorfeld auszuräumen.
Nach Vorstellung der geplanten Baumaßnahme und ausführlicher Diskussion
beschloss der Bau- und Werkausschuss gegen drei Stimmen, der Änderung des
Bauantrags vom 30.09.1996, sowie Nutzung der Betriebsflächen als Stell- bzw.
Lagerplatz – 3. Tektur – auf den Grundstücken Fl.Nrn. 4/0 und 5/0 der Gemarkung
Nettelkofen (Nettelkofen 23) das gemeindliche Einvernehmen unter folgenden
Maßgaben zu erteilen:
Die Gesamtbetriebsgeräusche
des Vorhabens dürfen folgende Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen
Immissionsorten Fl.Nrn. 2, 3, 7, 7/4, 9,
10, 29 und 29/2 der Gemarkung Nettelkofen nicht überschreiten: Tagsüber 57
dB(A), Nachts 45 dB(A).
Hierfür sind Maßnahmen
erforderlich, um den um 0,1 dB(A) erhöhten Beurteilungspegel (Lärmgutachten vom
10.11.2020) am Immissionsort Fl.Nr. 3 auf max. 57 dB(A) in der Tagzeit zu
reduzieren.
Die Errichtung des mit
Bescheid vom 14.10.2019 (B-2019-3116 RAL) genehmigten Carports für 10 PKW mit
geschlossener Abschlusswand an der Westseite als Lärmschutzmaßnahme gegenüber
Fl.Nr. 7/4 der Gemarkung Nettelkofen und die Errichtung der 2 m hohen
Lärmschutzwand (östliche und südliche Grenze) der östlichen LKW-Abstellplätze
hat zeitlich vor der Nutzungsaufnahme des geänderten Betriebes zu erfolgen.
Sämtliche Werkstattarbeiten
sind nur im Inneren der Halle und bei geschlossenen Toren durchzuführen.
Die öffentliche Gemeindestraße verläuft auf
einer Breite von ca. 3 m auf dem Betriebsgrundstück (Fl.Nrn. 4 und 5 der
Gemarkung Nettelkofen). Diese Flächen sind für eine ordnungsgemäße Erschließung
vor Erteilung der Baugenehmigung dem öffentlichen Verkehr zu widmen und hierzu
vom Eigentümer zur Verfügung zu stellen
Hinweise:
-
Die Lärmschutzwand ist an den Außenseiten
möglichst zu begrünen.
-
Die Breite der LKW-Stellplätze im Osten ist
möglichst auf 3,5 m zu verbreitern
-
Die in den Bauvorlagen dargestellte
LKW-Abstellfläche südlich der LKW-Halle stimmt nicht vollständig mit den
Flächenangaben im Schallgutachten überein (vgl. Schallgutachten Abbildung 2 –
dort endet die LKW-Abstellfläche ca. 35 m vor der südlichen Grundstücksgrenze)
- die ausreichende Bemessung der Kurvenradien
(Radius 14 m) für die Ausfahrten aus der LKW-Halle sind zu prüfen.
Anwesend: 11
Das Ausschussmitglied Herr Claus Eimer hat die Sitzung verlassen.