Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 06.11.2018 BWUA/048/2018 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Vom
Verwaltungsvertreter wurden die Antragsunterlagen vorgestellt.
Für das Grundstück
wurde ein Vorbescheid für 2 Bebauungsvarianten gemäß Art. 71 BayBO beantragt,
mit dem eine Entscheidung über folgende Einzelfragen begehrt wird:
Bebauung mit 2 Doppelhäusern:
1.
Ist es
zulässig, entsprechend der dargestellten Planskizzen 2 Doppelhäuser mit Garagen
auf der Fl.Nr. 493 zu errichten?
2.
Ist es
zulässig, diese Bebauung mit folgenden Abmessungen zu errichten:
-
Länge
16 m bzw. 15 m
-
Breite
11 m bzw. 10 m
-
Wandhöhe
6,50 m bzw. 6,25 m
-
Firsthöhe
9,67 m bzw. Firsthöhe 9,42 m
Bebauung mit 4 Einfamilienhäusern:
1.
Ist es
zulässig, entsprechend der dargestellten Planskizzen 4 Einfamilienhäuser mit
Garagen auf der Fl.Nr. 493 zu errichten?
2.
Ist es
zulässig, diese Bebauung mit folgenden Abmessungen zu errichten:
-
Länge
11 m
-
Breite
9 m
-
Wandhöhe
6,25
-
Firsthöhe
9 m
Der Inhalt des
Vorbescheidsantrags wird als sog. Bebauungsgenehmigung ausgelegt. So wird nach
dem erkennbaren Willen des Antragstellers eine Entscheidung über die
grundsätzliche Bebaubarkeit des Grundstücks begehrt, also über die
bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der beiden Bebauungsvarianten. Eine
weitergehende Entscheidung über die Gesamtzulässigkeit würde – zumal beim hier
maßgeblichen vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) – den
Anwendungsbereich eines Vorbescheids überschreiten. Die Erschließung wird
ausweislich der Fragestellung nicht geprüft.
1. Bereichszuordnung
Entscheidend für
die Bebaubarkeit des Grundstücks ist dessen Bereichszuordnung. Liegen die zur
Bebauung vorgesehenen Flächen innerhalb des Bebauungszusammenhangs (§ 34
BauGB), dann besteht ein grundsätzlicher Rechtsanspruch auf die Bebauung. Liegt
es dagegen im Außenbereich (§ 35 BauGB), dann besteht ein grundsätzlicher
Bebauungsausschluss und es bleiben nur die bestandsorientierten
Zulassungsvoraussetzungen der Begünstigung (§ 35 Abs. 4 BauGB).
Die auf den
Grundstücken Fl.Nrn. 493 und 493/2 bestehenden Gebäude sind alle aufgrund des
landwirtschaftlichen Privilegierungstatbestands (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) als
Hofstelle bzw. Altenteiler- bzw. Betriebsleiterhaus entstanden. Maßgeblich für
die Bereichszuordnung ist jedoch nicht die Entstehungsgeschichte, sondern ob
der tatsächlich vorhandene Baubestand die Bauflächen noch als Teil des
Bebauungszusammenhangs prägt. Die rechtliche Herkunft ist für die
Bereichsabgrenzung unerheblich (BVerwG 23.11.1998).
Jedoch ist der
Nutzungszweck eines Gebäudes entscheidend dafür, ob einer Bebauung der
notwendige prägende Charakter zukommt. Prägungswirkung für die
Bereichsabgrenzung haben nur Gebäude, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen
dienen (BVerwG 02.03.2000). Landwirtschaftlichen Zwecken dienende Gebäude
(Ställe, Maschinenhallen etc.) fehlt diese Prägungswirkung (jetzt ausdrücklich:
BVerwG; 30.06.2015).
Das Wohnhaus
St.-Anna-Straße 14 (Fl.Nr. 493/2) ist als Ersatzbau
(Altenteiler-/Betriebsleiterhauses) für das damals als unbewohnbar bezeichnete
Betriebsleiterwohnhaus St.-Anna-Straße 12 zugelassen worden. Gemäß
Nebenbestimmung Nr. 16 der Baugenehmigung vom 29.03.1976 (Az.: 41/748/75)
besteht die Verpflichtung, die Wohnnutzung im Gebäude St.-Anna-Straße 12
aufzugeben, was dann auch erfolgt ist. Für die Bereichsabgrenzung kann also nur
das Wohngebäude St.-Anna-Straße 14 herangezogen werden, dass in einem Abstand
von 50 m zum Siedlungsrand und ansonsten isoliert innerhalb der freien
Landschaft steht. Die frühere Hofstelle hat aufgrund ihrer Funktion als reines
Wirtschaftsgebäude keine Prägungswirkung für die Bereichszuordnung.
Das Ergebnis ist
hier aber nicht eindeutig. Einiges spricht dafür, dass gegenüber dem isoliert
und vorgelagert stehenden Einzelhaus (nur auf dieses ist in der
Bereichsbeurteilung abzustellen) aufgrund
der Distanz zum ansonsten sehr kompakt bebauten Ortsteil der Eindruck der
Zusammengehörigkeit unterbrochen ist. Folglich wäre das Grundstück aufgrund des
fehlenden Eindrucks der Zusammengehörigkeit und der fehlenden baulichen
Anbindung nicht mehr dem Innenbereich zugehörig. Anderseits ist die
Siedlungsstruktur von Eisendorf durch eine sehr unregelmäßige Ortsrandbebauung
geprägt. Bei der nach der jeweiligen Einzelsituation vorzunehmenden
Bereichsabgrenzung ist eine spornartige Erweiterung des Siedlungsrandes keine
Ausnahmesituation. Das spricht für die Zuordnung zum Innenbereich
Unmaßgeblich für
die Bereichszuordnung sind die Inhalte des Flächennutzungsplanes, der für das
Grundstück eine Dorfgebietsfläche darstellt.
Kommt man zugunsten
des Eigentümers zu dem Ergebnis der Innenbereichszuordnung, dann ist über die
Reichweite der Bereichszuordnung zu entscheiden. So endet der
Bebauungszusammenhang jedenfalls mit dem Abschluss des letzten Gebäudes
(Gebäudefassade), ohne das der Verlauf der Grundstücksgrenzen wesentliche
Bedeutung hätte. Maßgeblich ist der Gebäudeverlauf. Damit ist lediglich der
innerhalb der vorhandenen „Bebauung“ liegende Teil (also letztendlich die
bebaute Fläche), nicht aber das gesamte Grundstück dem Bebauungszusammenhang
zuzurechnen. Die südlich und nördlich hinter den vom Baubestand beanspruchten
Flächen liegende Grundstücksteile sind weiterhin dem Außenbereich zugehörig.
Das gilt
insbesondere auch für die hinter dem letzten Gebäude (St.-Anna-Straße 12)
liegenden Grundstücksteil. Hier fehlt jedenfalls jede Prägung und der Eindruck
der Geschlossenheit gegenüber dem nächsten im Norden folgenden (Wohn-)Gebäude
auf Fl.Nr. 479, das erst in einem Abstand von 90 m liegt. Auch bei der
Zuordnung der vorhandenen Gebäude zum Innenbereich liegen die sonstigen
unbebauten Grundstücksbereiche östlich der Straße „Am Weiher“ weiterhin im
bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB).
Aus Gründen der
Rechtssicherheit und Bestimmtheit empfiehlt sich in der hier vorliegenden
Bebauungssituation der Erlass einer sog. Klarstellungssatzung.
§ 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB ermächtigt die Gemeinde, bei nicht eindeutigen
Abgrenzungssituationen für die Bereichszuordnung den Grenzverlauf durch Satzung
klarstellend (deklaratorisch) festzulegen. Die Satzungen haben also keine
rechtsbegründende Wirkung dahingehend, dass sie die Grenzen des
Bebauungsbereiches verändern (ausschließen oder erweitern) könnten. Beim Erlass
von Klarstellungssatzungen handelt es sich letztendlich nicht um eine
Planungsentscheidung, sondern um die klarstellende Bestimmung der Grenzziehung
des bereits bestehenden Innenbereichs.
2. Zulässigkeitsprüfung
Die
Innenbereichslage – klargestellt durch Satzung – der Grundstücke Fl.Nrn. 493
und 493/2 unterstellt, liegen aber in beiden Bebauungsvarianten die Gebäude
nicht mehr innerhalb des Bebauungszusammenhangs, sondern im planungsrechtlichen
Außenbereich (§ 35 BauGB). Von privilegierten Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB)
abgesehen, besteht dort damit ein grundsätzliches Bebauungsverbot.
Auch der Tatbestand
einer Begünstigung des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB zur Nutzungsänderung vormals
landwirtschaftlich genutzter Gebäude – ggf. auch im Wege des Ersatzbaus (§ 34
Abs. 4 Satz 2 BauGB) – besteht nicht, da es schon an der Gleichartigkeit des
Gebäudes fehlt. Auch wären dort keine Standortabweichungen zulässig.
Einem sonstigen Vorhaben
(§ 35 Abs. 2 BauGB) steht allein schon der öffentliche Belang des
Planungserfordernisses entgegen. Eine Außenbereichsbebauung dieses Umfangs kann
nur in einem formalen Planungsverfahren zugelassen werden. Das gilt
insbesondere auch wegen der Folgewirkung, dass sie wiederum zur Entstehung von
Baulücken führen würde, etwa für die im Flächennutzungsplan dargestellte
Grünfläche im Zwischenraum zur nach Norden nächstfolgenden Bebauung. Das gilt
es aufgrund des Entwicklungsgebotes (§ 8 Abs. 2 BauGB) wiederum auszuschließen.
Beide Bebauungsvarianten liegen im
planungsrechtlichen Außenbereich und sind dort gemäß § 35 BauGB unzulässig.
Die beantragten Vorhaben sind aber auch innerhalb des Innenbereichs unzulässig, wie er durch die Klarstellungssatzung künftig bestimmt wird. Die nähere Umgebungsbebauung (St.-Anna-Straße 8 und 14 und Am Weiher 12 und 14) und das Bestandsgebäude auf Fl.Nr. 493 weisen vergleichsweise geringe Bauhöhen auf. Die Obergrenze des Einfügungsrahmens wurde bei der Wandhöhe mit 5,10 m und bei der Firsthöhe mit 7,90 m ermittelt. Das Vorhaben würde sich bei einer Standortverlegung in den Innenbereich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht einfügen.
Beschluss:
Ja: 9
Nein: 3
Nach Vorstellung der geplanten Baumaßnahme
beschloss der Bau-, Werk- und Umweltausschuss gegen 3 Stimmen, den Anträgen auf
Vorbescheid für das Grundstück Fl.Nr. 493/0 der Gemarkung Elkofen (St.
Anna-Straße 12) für die Errichtung von
a) zwei
Doppelhäusern mit Garagen
b) vier
Einfamilienhäusern mit Garagen
die Zustimmung nicht zu erteilen.
3. Planungsrechtliche
Möglichkeiten
Einbeziehungssatzung/Bebauungsplan
Vorsorglich wird
darauf hingewiesen, dass das begehrte Baurecht auch nicht durch städtebauliche
Satzungen begründet werden kann. Etwa der Erlass einer Ergänzungssatzung (§ 34
Abs. 4 Nr. 3 BauGB) für den bisher unbebauten Bereich östlich der Straße „Am
Weiher“ scheidet schon deshalb aus, da aufgrund des zur Konfliktbewältigung und
für die geordnete Siedlungsentwicklung notwendigen Regelungsumfangs hier die
Aufstellung eines Bebauungsplanes unerlässlich ist (umfassendes
Planungserfordernis; § 1 Abs. 3 BauGB).
Auch die für den
Einsatzbereich der städtebaulichen Satzung notwendige Prägungswirkung durch den
bebauten Bereich ist nicht erkennbar. Auch der Flächennutzungsplan steht einer
Einbeziehung entgegen. So gilt zwar das Entwicklungsgebot (§ 8 Abs. 2 BauGB)
für die Ergänzungssatzung nicht, es fehlt aber an den Voraussetzungen der
Vereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung (§ 34 Abs. 5 Nr.
1 BauGB), wenn es konkreten Planungszielen des Flächennutzungsplanes
zuwiderläuft. Hier ist die Darstellung einer „Grünfläche“ im Bereich nördlich
des Baugrundstückes betroffen, die jedoch zwingend in ein
Ergänzungssatzungsverfahren einbezogen werden müsste, da ansonsten mit der
Realisierung der gewünschten Bebauung sich dort eine „Baulücke“ entwickeln
wird.
Auch die
Anwendbarkeit des erweiterten Bebauungsplanes für Innenentwicklungen am
Ortsrand (§ 13b BauGB) ist nicht gegeben, der ebenfalls vom Entwicklungsgebot
ausgenommen ist. Diese Bebauungspläne dürfen ausschließlich der Wohnbebauung
dienen und stehen für Dorfgebiete nicht zur Verfügung (IMS 13.12.2017).
Klarstellungssatzung
In der
Vergangenheit wurden die Anwesen St.-Anna-Straße 12 und 14 von der Stadt und
dem Landratsamt Ebersberg stets dem Außenbereich zugeordnet. Zuletzt auch für
die Genehmigung einer bereits bestehenden Wohnung im Dachgeschoss von Haus Nr.
14 (vgl. Bau-, Werk- und Umweltausschuss vom 24.02.2015).
Um in der
streitigen Bereichszuordnung für die Beteiligten Rechtsklarheit zu schaffen,
wird der Erlass einer Klarstellungssatzung empfohlen (§ 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1
BauGB). Mit dieser Satzung werden die Grenzen des im Zusammenhang bebauten
Ortsteils (also des bauplanungsrechtlichen Innenbereichs) deklaratorisch
festgesetzt. Hieran sind dann auch die Baugenehmigungsbehörden gebunden.
Die Grenzen ergeben
sich durch die tatsächlich vorhandene Bebauung, eine Einbeziehung weiterer
Flächen in den unbeplanten Innenbereich ist nicht möglich. Auch weitere
inhaltliche Festsetzungen können nicht getroffen werden (§ 34 Abs. 5 Satz 2
BauGB).
Für den Erlass der
Klarstellungssatzung ist lediglich der Satzungsbeschluss und die öffentliche
Bekanntmachung notwendig (§ 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 2 BauGB).
Weitere förmliche Verfahrensvoraussetzungen (etwa ein Beteiligungsverfahren)
bestehen nicht.
Beschluss:
Ja: 12 Nein: 0
Vom Bau-, Werk- und
Umweltausschuss wurde einstimmig beschlossen, dem Stadtrat den Erlass einer
Klarstellungssatzung für den östlichen Ortstrand des Ortsteils Eisendorf zu
empfehlen. Mit der Klarstellungssatzung wird innerhalb des Geltungsbereiches
die Grenze des im Zusammenhang bebauten Ortsteils für den Bereich östlich der
Eisendorfer Straße festgesetzt.
Die Stadt Grafing b.M. erlässt aufgrund des
§ 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des
Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBI. I S. 2414), Baugesetzbuch (BauGB) in der
Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBI. I S. 3634), zuletzt
geändert am 30.6.2017 (BGBl. I S. 2193)
folgende
Klarstellungssatzung:
§ 1 Geltungsbereich
Die Grenzen des
Bebauungszusammenhangs am östlichen Ortsrand des Ortsteils Eisendorf werden
gemäß der im beigefügten Lageplan vom 30.10.2018 ersichtlichen Darstellung
festgelegt. Die Abgrenzung des Innenbereichs nach § 34 BauGB vom Außenbereich
nach § 35 BauGB wird durch eine schwarze Strichlierung bestimmt.
Die Grundstücke und
Grundstücksteile, die sich in der beiliegenden Karte innerhalb der schwarzen
Strichlierung befinden, liegen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortslage.
Der Lageplan ist Bestandteil dieser Satzung.
§ 2 Zulässigkeit von Vorhaben
(1) Innerhalb der
in § 1 festgelegten Grenzen richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit
von Vorhaben (§ 29 BauGB) nach § 34 BauGB.
(2) Soweit für ein
Gebiet des gemäß § 1 festgelegten Innenbereichs ein rechtsverbindlicher
Bebauungsplan nach In-Kraft-Treten dieser Satzung bekannt gemacht wird, richtet
sich die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben dann nach § 30 Abs. 1
oder 2 BauGB; bei einem einfachen Bebauungsplan nach § 30 Abs. 3 BauGB.
§ 3 Inkrafttreten
Die Satzung tritt
mit ihrer Bekanntmachung in Kraft.