Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 02.10.2018 BWUA/047/2018 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Von der
Sitzungsleiterin wurde zur Ausführung des Tagesordnungspunktes das Wort an den
Verwaltungsvertreter übergeben.
Allgemeines
Für das Grundstücke
Fl.Nr. 195 der Gemarkung Grafing besteht ein Vorbescheid vom 03.05.2016. Der
vorgelegte Bauantrag entspricht inhaltlich der Vorbescheidsgenehmigung. Als
vorweggenommener Teil der Baugenehmigung entfällt aufgrund der Bindungswirkung
des Vorbescheides eine neuerliche Prüfung der Vorhabenzulassung. Aufgrund der
Wirkung als „Bebauungsgenehmigung“ ist deshalb auch das gemeindliche
Einvernehmen zum Bauantrag nicht mehr erforderlich.
Die Sicherung der
Erschließung erfolgt durch einen städtebaulichen Vertrag, der Voraussetzung für
die Erteilung der Baugenehmigung ist (Nebenbestimmung im Vorbescheid vom
03.05.2016). Mit dem Vertragsabschluss liegen dann die Voraussetzungen für das
gemeindliche Einvernehmen vor.
Es können aber
nicht alle notwendigen Stellplätze auf dem Baugrundstück oder auf einem anderen
nahegelegenen Grundstück nachgewiesen werden. Für den Stellplatznachweis (Art.
47 BayBO) ist deshalb auch die Ablösung von Stellplätzen erforderlich (Art. 47
Abs. 3 Nr. 3 BayBO). Die Entscheidung über den Abschluss der
Stellplatzablösungsvereinbarung obliegt dem Bau-, Werk- und Umweltausschuss.
Städtebaulicher Vertrag (Erschließung)
Das Grundstück
Fl.Nr. 195 der Gemarkung Grafing soll mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut
werden. Der östliche Teil des Baugrundstückes liegt im unbeplanten Innenbereich
(§ 34 BauGB). An der Westgrenze (entlang der Gartenstraße) berührt es noch den
Geltungsbereich des „Straßenführungsplanes Neue Gartenstraße“ vom 30.09.2005
(einfacher Bebauungsplan gemäß § 30 Abs. 3 BauGB). Dort ist eine direkte
Straßenverbindung von der Bahnhofstraße zur Glonner Straße als Ortsstraße (Art.
46 Nr. 2 BayStrWG) mit einer Fahrbahnbreite von 6 m festgesetzt.
Die Stadt hat am
07.06.2011 die Entscheidung getroffen, die Verbindungsstraße nicht mehr als
Ortsstraße, sondern künftig als Staatsstraße (Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayStrWG)
umzusetzen. Der Abschluss der Bauvereinbarung zur Übernahme der Planung und des
Baus einer Staatsstraße durch die Stadt (Sonderbaulast) wurde am 24.03.2015
beschlossen. Hierfür ist der bestehende Straßenführungsplan hinsichtlich der
Straßenklasse zu ändern (vgl. BayVGH 16.03.2010, Straßenklasse als tragender
Festsetzungsinhalt).
Aufgrund der für
Staatsstraßen notwendigen Mindeststraßenbreite von 6,50 m (Bayer.
Staatsministerium des Inneren, Schreiben vom 11.02.2009) ist zu erwarten, dass
zusätzliche Flächen aus dem Baugrundstück (Fl.Nr. 195 der Gemarkung Grafing)
beansprucht werden müssen. Hinzu kommt, dass ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und
damit eine erhöhte Verkehrslärmbelastung nach der Aufstufung prognostiziert
wird, die im Änderungsbebauungsplanverfahren einer abgewogenen Planungslösung
(Konfliktbewältigung) bedarf.
Da durch den Bau
der Ostumfahrung (September 2017) grundlegend veränderte Verkehrsabläufe
bestehen und eine zeitliche Prognose für die Verkehrsbelastung (als Grundlage
für die Ermittlung des Verkehrslärms) notwendig ist, wurde eine aktualisierte
Verkehrsuntersuchung beauftragt. Das Ergebnis ist aber erst im Frühjahr 2019 zu
erwarten und Voraussetzung für die Fortführung des Bebauungsplanverfahrens.
Für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf der Fl.Nr. 195
liegt ein Vorbescheid vom 03.05.2016 (Az. V-2015-2483) vor. Auf dessen
Grundlage wurde die Baugenehmigung beantragt, zu dem die Stadt Grafing b.M. am
07.03.2018 das gemeindliche Einvernehmen wegen der fehlenden plangemäßen
Erschließung und auch zur Sicherung der Planung für die Änderung des
„Straßenführungsplanes Neue Gartenstraße“ verweigert hat. Der Erlass einer
Veränderungssperre wurde angekündigt (faktische Bausperre), vorausgesetzt eine
vertragliche Regelung zur Sicherung der geänderten Straßenführungsplanung kommt
nicht zustande.
Regelungsbedarf besteht hinsichtlich
a)
der Verfügbarkeit von Flächen aus der Fl.Nr. 195
für eine Verbreiterung der Fahrbahnfläche auf 6,50 m,
b) der Errichtung von (ggf. privaten oder öffentlichen) Längsparkplätzen mit 2 m Breite,
c) der Errichtung eines öffentlichen Gehweges mit einer Breite von mind. 1,50 m hinter den Längsparkplätzen.
Eine Einigung über den Erwerb der gesamten Fläche zwischen der
westlichen Gebäudefassade und der Gartenstraße (Fl.Nr. 193/3) und die
Einräumung eines Wiederkaufsrechts für nicht benötigte Flächen konnte nicht
erreicht werden. Die Sicherung der Verfügbarkeit der Flächen und damit die
Absicherung der künftigen Straßenplanung soll stattdessen jetzt auf Wunsch der
Eigentümer mit einem städtebaulichen Vertrag geregelt werden. Die Sicherung der
Verfügbarkeit der Wegeflächen erfolgt über die Zustimmungserklärung zur Widmung
für die künftig benötigten öffentlichen Verkehrsflächen.
Hierfür muss das
Bauvorhaben um bis zu 1 m nach Osten verschoben werden, um auch bei
unvorhersehbaren Veränderungen hinsichtlich der Straßenführung
(Kurvenausbildung) die Straße mit dem beschriebenen Querschnitt
(Mindestbreiten: Fahrbahn: 6,50 m; Längsparkplatz 2 m, Gehweg beidseitig mind.
1,50 m an der engsten Stelle – auf Höhe Gebäude Gartenstraße 2) festsetzen zu
können und damit die Straßenplanung insoweit nicht zu erschweren bzw. zu verhindern.
Bis zur Realisierung der neuen Planung als Staatsstraße kann der
vertragsgegenständliche Grundstücksstreifen vom Eigentümer als Stellplatzfläche
genutzt werden. Da derzeit noch nicht absehbar ist, wie sich die Planung
letztendlich entwickelt, werden durch den Vertrag verschiedene Varianten
geregelt:
a)
Werden
im Bebauungsplan private Stellplätze (Längsparkplätze) im Bereich des
Grundstücks festgesetzt, wird die Zustimmungsvereinbarung angepasst und diese
Fläche von der Widmung ausgenommen.
b)
Werden
im Bebauungsplan private Stellplätze (Längsparkplätze) im Bereich des
Grundstücks festgesetzt, werden sie abgelöst. Die Gegenleistung wird durch die
unentgeltliche Zurverfügungstellung der Fläche erbracht.
c)
Können
dort keine (öffentlichen oder privaten) Stellplätze festgesetzt werden, sind
die entfallenden (5) Stellplätze abzulösen.
Um zu vermeiden,
dass die Stadt Grafing b.M. entgegen den Interessen der Grundstückseigentümer
auf die Festsetzung von Stellflächen verzichtet und die gesamte Seitenfläche als
öffentliche Fläche beansprucht, ist eine zusätzliche Entschädigung auf der
Grundlage eines Bodenpreises von 850,00 EUR/m² zu leisten, die nach der
jetzigen Flächenannahme 51.000,00 EUR beträgt.
Aufgrund der prognostizierten künftigen erhöhten Verkehrsbelastung durch
die Änderung der Straßenklasse und den damit verbundenen erhöhten
Immissionsbelastungen ist außerdem eine Regelung zur Regelung von
Entschädigungsansprüchen gem. § 42 BImSchG zu treffen. Das Gebäude ist bereits
jetzt so zu bauen, dass die Prognose-Immissionsbelastung abgesichert wird;
Entschädigungsansprüche werden damit ausgeschlossen.
Stellplatzbedarf
Beantragt ist die
Errichtung von Ladenflächen, Seminarräumen, Büroflächen und Wohnungen mit einem
Stellplatzbedarf von insgesamt 27 Stellplätzen.
Für das auf dem
Baugrundstück bestehende Anwesen „Am Urtelbach 4“ sind bereits 13 Stellplätze
nachgewiesen, die durch die Bebauung weitgehend wegfallen. Auf dem
Baugrundstück Fl.Nr. 195 können noch 8 Stellplätze (5 Stellplätze entlang der
Gartenstraße sowie 3 Stellplätze im Grundstück (nähe Gebäude Am Urtelbach 4)
nachgewiesen werden. Die wegfallenden 5 Stellplätze sollen gemeinsam mit den
zusätzlich notwendigen Stellplätzen des Bauvorhabens auf den benachbarten
Grundstücken „Gartenstraße 2 + Glonner Straße 6“ nachgewiesen werden.
Die auf
Drittgrundstücken liegenden Stellplätze sind gemäß Art. 47 Abs. 3 BayBO
rechtlich zu sichern; der Nachweis dafür ist im Baugenehmigungsverfahren zu
erbringen.
Diese auf dem
Baugrundstück bzw. auf dem westlich davon liegenden Grundstück reichen aber
nicht zum Nachweis aller notwendigen Stellplätze aus. Für die letztendlich noch
fehlenden 5 Stellplätze ist eine Ablösung notwendig.
Grundsätze der
Ablösung:
Der Gesetzgeber
schafft mit der Stellplatzpflicht eine gesetzliche Grenze für die bauliche
Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks. Eine Ablösung ist nur zulässig (§ 5 Abs.
2 Satz 2 der Stellplatzsatzung), wenn die für eine angemessene
Grundstücksnutzung notwendige Erstellung der Stellplätze aus tatsächlichen oder
rechtlichen Gründen nicht möglich ist (Unmöglichkeit der Stellplatzerstellung).
Im Rahmen des
Entscheidungsermessens wird aber eine Ablösung abgelehnt, wenn diese
Unmöglichkeit durch eine unangemessene Nutzungsintensität erst selbst
geschaffen („selbst verschuldet“) wurde und dabei ein auffälliges
Missverhältnis zwischen den abgelösten und den notwendigen Stellplätzen
entsteht. Auch die städtebauliche Lenkungsfunktion kann in besonderen Fällen
berücksichtigt werden, etwa durch Verweigerung bei einer städtebaulich
unerwünschten Nutzungsform (Spielhallen etc.) bzw. durch Zustimmung bei der
Errichtung dringend erforderlichen Wohnbedarfs.
Die vorgenannten
Ausschlussgründe liegen hier nicht vor. Die beantragte Wohnnutzung und eine
gewerbliche Nutzung (Bürofläche/Laden/Seminare) sind städtebaulich verträglich
und auch für Lage und Größe des Grundstücks nicht unangemessen. Auch werden 22
der notwendigen Stellplätze sowohl auf dem Baugrundstück, als auch auf dem
gegenüberliegenden Grundstück der Anwesen Gartenstraße 2 / Glonner Straße 6
nachgewiesen, also in unmittelbarer fußläufiger Entfernung.
Die Ablösung von
voraussichtlich 5 der notwendigen 27 Stellplätze ist weder unangemessen hoch,
noch schafft es ein unerwünschtes Missverhältnis. Entscheidend ist, dass ein
wesentlicher Teil der Stellplätze auch durch Realherstellung nachgewiesen wird
und damit die örtlichen Verkehrsverhältnisse (ruhender Verkehr) nicht in
Unordnung gebracht werden.
Von der Verwaltung
wurde der Abschluss der Stellplatzablösungsvereinbarung für 5 Stellplätze
empfohlen, da die in langjähriger Übung herausgebildeten Grundsätze zum
Abschlussermessen (Gleichbehandlung) beachtet sind:
a)
auf dem
Baugrundstück ist die Errichtung weiterer Stellplätze objektiv unmöglich,
b)
der
Stellplatzbedarf entsteht durch eine städtebauliche verträgliche bauliche
Nutzung,
c)
das
Baugrundstück befindet sich im Innenstadtbereich (Stadtkern) und damit im
räumlichen Wirkungsbereich der städtischen Parkierungsanlagen (zentrale
Innenstadtparkplätze). Dadurch ist eine zweckgebundene Verwendung der
Ablösebeträge gemäß Art. 47 Abs. 4 BayBO zulässig.
Die Höhe der
Stellplatzablösung beträgt gemäß § 5 Abs. 1 der örtlichen Stellplatzsatzung
10.200 EUR/Stellplatz – für 5 Stellplätze somit 51.000,– EUR.
Der Bau-, Werk- und
Umweltausschuss beschloss einstimmig den Abschluss des städtebaulichen Vertrags
zur Sicherung der öffentlichen Verkehrsflächen auf dem Grundstück Fl.Nr. 195/0
der Gemarkung Grafing für den Bau der „Neuen Gartenstraße“ entsprechend dem vorgelegten
Vertragsinhalt.
Der Bau-, Werk- und
Umweltausschuss beschloss ferner einstimmig den Abschluss eines
Stellplatzablösungsvertrags (Art. 47 Abs. 3 Nr. 3 BayBO) zum Nachweis der durch
den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück Fl.Nr. 195/0 der
Gemarkung Grafing (Gartenstraße) notwendigen bis zu fünf weiteren Stellplätze
zu einem Ablösungsbetrag von 10.200,– EUR je Stellplatz – somit insgesamt bis
51.000,– EUR.