Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 14.11.2017 StR/041/2017 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Die
Sitzungsleiterin erteilte dem Vertreter der Verwaltung, Herrn Weißmüller, das
Wort.
Dieser erläuterte
die folgende zur Verfügung gestellte Beschlussvorlage:
Mit Schreiben vom
30.06.2017 beantragte die Stadtratsfraktion Bündnis für Grafing (BfG e.V.) den
§ 7 der Volksfestverordnung dahingehend zu ändern, den Ausschank alkoholischer
Getränke an Jugendliche unter 18 Jahren auf dem Grandauer Volksfest zu
verbieten und auch den Bußkatalog unter § 9 entsprechend zu ergänzen. Zur
Begründung wurde angegeben, den Jugendschutz zu verschärfen, um den steigenden
Alkoholkonsum von Jugendlichen zu stoppen.
Die Verordnung der
Stadt Grafing b.München über das Grafinger Volksfest vom 01.04.2009 sieht unter
§ 7 (Jugendschutz) bislang keine, über die allgemeinen Jugendschutzbestimmungen
(§ 9 JuSchG) hinausgehende Einschränkung des Ausschanks von alkoholhaltigen
Getränken vor. Mit Ausnahme von branntweinhaltigen Getränken ist deshalb
derzeit der Ausschank alkoholischer Getränke, insbesondere Bier, an Personen ab
16 Jahren zulässig.
Die Gemeinden können nach Art. 19 Abs. 6 LStVG durch Verordnung zur Verhütung
von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor
erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit
oder Nachbarschaft oder vor erheblichen Beeinträchtigungen der Natur oder
Landschaft Anforderungen
an die Veranstaltung öffentlicher oder sonstiger Vergnügungen stellen.
Zu den beantragten
Änderungen der Volksfestverordnung wurden Stellungnahmen der Polizeiinspektion
Ebersberg, des Kreisjugendamtes Ebersberg, der Caritas Fachambulanz für
Suchterkrankungen und der Jugendpflege eingeholt.
Nach der
Stellungnahme des städtischen Jugendpflegers vom 29.08.2017 werde
erfahrungsgemäß bereits vor dem Volksfestbesuch Alkohol konsumiert. Ein
Alkoholverbot für Jugendliche auf dem Volksfest würde den Alkoholkonsum im
Vorfeld und Umfeld erhöhen, wobei auch mehr branntweinhaltige Getränke
konsumiert würden. Unkontrollierte Verlagerungen bzw. Parallelveranstaltungen
wären zu befürchten. Eine Verschärfung im Vergleich zum Jugendschutzgesetz wäre
den Jugendlichen nicht vermittelbar.
Der Stellungnahme
der Polizei vom 15.09.2017 ist zu entnehmen, dass nach Auswertung der
aufgenommenen Vorgänge in diesem Zusammenhang kein polizeilicher
Problemschwerpunkt bestehe. Personen unter 18 Jahren würden durchaus negativ im
Konsumverhalten auffallen, dennoch werde keine Notwendigkeit für ein
Alkoholverbot gesehen. Dadurch bestehe die Gefahr, dass Alkohol lediglich an
anderen Örtlichkeiten konsumiert werde.
Der sehr
ausführlichen Stellungnahme des Kreisjugendamtes vom 09.10.2017 ist zu
entnehmen, dass der Alkoholkonsum von Jugendlichen generell problematisch
gesehen werde. Verbote würden mit der persönlichen Selbstbestimmung und der
Erziehungshoheit der Eltern kollidieren. Das Jugendschutzgesetz versuche
einerseits durch Altersgrenzen die Jugendlichen vor den Gefahren des Alkohols
zu schützen, anderseits auf einen verantwortungsvollen Umgang damit
hinzuführen. Bezüglich des Grandauer Volksfestes würden keine Erfahrungswerte
vorliegen, wonach der Alkoholkonsum bei Jugendlichen steigen würde. Vielmehr
würde das Problem des „Vorglühens“ bestehen. Ein Alkoholverbot auf dem
Volksfest (im Festzeit) würde die konsumierte Menge dort reduzieren, vermutlich
würde dann mehr heimlich konsumiert; ein solches Verbot wäre auch schwer zu
kontrollieren. Alkoholbedingte Ausfälle von Jugendlichen auf dem Volksfest
wären die Ausnahme, deshalb werde keine Notwendigkeit zur Änderung der
Verordnung gesehen. Besonders kritisch werde die mögliche Konsum-Verlagerung in
das Umfeld des Volksfestes gesehen, wo mit einen erhöhten und unkontrollierten
Alkoholmissbrauch durch Jugendlich gerechnet werden müsse.
In der
Stellungnahme der Caritas Fachambulanz für Suchterkrankungen vom 26.10.2017
wird darauf verwiesen, dass sich der Alkoholkonsum durch Jugendliche nicht nur
auf das Volksfestgelände beschränke. Ob durch die beantragte Maßnahme
Alkoholexzesse effektiv reduziert werden könnten, sei nicht absehbar.
Es ist fraglich, ob die Ermächtigungsgrundlage des Art. 19
Abs. 6 LStVG ein generelles Alkoholverbot für Jugendliche auf dem Volksfest
abweichend von § 9 JuSchG ermöglicht, weil nach Abfrage bei den Fachstellen
nicht klar ist, ob durch den Alkoholkonsum von Jugendlichen erhebliche Nachteile oder Störungen für die
Allgemeinheit oder die Nachbarschaft entstehen, die durch die beantragte
Erweiterung der Verordnung verhindert werden könnten. Unabhängig davon sehen
gerade die für den Jugendschutz zuständigen Fachstellen keine Notwendigkeit und
befürchten dadurch eher eine Verlagerung des Standorts sowie einen weniger kontrollierten
Alkoholkonsum ggf. mit branntweinhaltigen Getränken.
In der anschließenden Diskussion erläuterte der Vertreter der antragstellenden Fraktion
den gestellten Antrag: Offenbar erfolgte seit der letzten Änderung der Verordnung im Jahre 2009 bei der Polizei ein Sinneswandel, wonach die Situation alkoholkonsumierender Jugendlicher gar nicht mehr so schlimm sei. Das könne er nicht nachvollziehen, da das Volksfest überregional einen sehr schlechten Ruf habe. Es gelte hier, alle rechtlichen und pädagogischen Möglichkeiten auszuschöpfen.
Demgegenüber wurde argumentiert, dass sich das Volksfest positiv entwickelt habe und es keinen polizeilichen Problemschwerpunkt (mehr) darstelle. Man sehe die Hauptverantwortung des Erlernens des Umgangs mit Alkohol bei den Eltern.
Problem seien eher die Lebensmittelläden, bei denen auch Jugendliche billig Alkoholika erwerben könnten. Hier müsse man mit Testkäufen mehr Kontrolle ausüben.
Verbote dagegen würden bei Jugendlichen eher das Gegenteil bewirken.
Die Erste Bürgermeisterin berichtete von den zahlreichen Anstrengungen, die die Stadtverwaltung in den letzten Jahren rund um das Volksfest unternommen hätten. Es gäbe Vor- bzw. Nachbesprechungen mit anderen Jugendamt, Polizei, Wirt, Veranstalter Security, Rotem Kreuz und Feuerwehr. Der Jugendpfleger betreibe aufsuchende Jugendarbeit, es gebe eine neue Security-Firma, die mit der Polizeit gut zusammen arbeite. Man habe beim letzten Volksfest „nur“ fünf betroffene Jugendliche gezählt, auch die Bar habe man im Griff. Im nächsten Jahr werden auch die Einlasskontrollen nochmals forciert.
Der Stadtrat
beschloss gegen 3 Stimmen, dem Antrag des Bündnis für Grafing vom 30.06.2017
auf Erweiterung des Volksfestsatzung um ein Alkoholverbot für Jugendliche unter
18 Jahren die Zustimmung nicht zu erteilen.