Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 19.09.2017 StR/039/2017 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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1.
Antrag/Planungssituation
Mit Antrag vom 26.06.2017 hat Herr Emmerich Adam, Grafing, die Aufstellung eines Bebauungsplans für den südlichen Teil der Grundstücke Fl.Nr. 306 der Gemarkung Grafing beantragt. Ziel ist die Schaffung der Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Wohnbebauung mit 2 Wohnhäusern.
Die gegenständliche
Fläche liegt im planungsrechtlichen Außenbereich. Eine Bebauung kann nur mit
Aufstellung eines Bebauungsplans geschaffen werden.
Das Plangebiet ist
im Flächennutzungsplan vom 14.08.1986 als Allgemeines Wohngebiet dargestellt.
Das Entwicklungsgebot § 8 Abs. 2 BauGB ist beachtet (vgl. Anlage).
Die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse haben die dortige Baulandentwicklung erschwert und verlangten die stufenweise Aufstellung von Bebauungsplänen. Eine weiter Schwierigkeit der dortigen Siedlungsentwicklung ist das unmittelbare Nebeneinander von Wohngebieten (Allgemeine Wohngebiete und südlich dann Reine Wohngebiete) und von gewerblichen Bauflächen. Um eine aufeinander abgestimmte (insbesondere auch zwischen Wohnen und Gewerbe) und ganzheitliche Siedlungsentwicklung sicherzustellen, wurde im Jahr 1991 für das gesamte Gebiet zwischen der Bernauer Straße und der Münchener Straße eine informelle Entwicklungsplanung durchgeführt, um eine Grundlage (Gesamtplan) für eine abschnittsweise Bebauungsplanung.
Der Stadtrat hat am 02.12.1997 das Strukturkonzept vom März 1992 wieder aufgegriffen und als städtebauliches Gesamtkonzept für den dortigen Teilraum bestimmt. Hierbei handelt es sich um ein informelles Entwicklungskonzept (Strukturplanung), welches gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB bei künftigen Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen ist.
Für den westlichen
Teilbereich wurde daraufhin der Bebauungsplan „Gustl-Waldau-Straße BA1“ vom
09.10.1998 aufgestellt. Der Bebauungsplan Gustl-Waldau-Straße
(BA1) und das Strukturkonzept sind aus der nachfolgenden Abbildung 1
ersichtlich.
Mit dem
Bebauungsplan Sondergebiet Bau- und
Gartenmarkt vom 04.07.2006 wurde dann die Nachfolgenutzung für das
angrenzende Betriebsgelände Lentner geregelt. Eine Realisierung scheiterte dann
aus privaten Gründen.
Nach
Eigentümerwechsel wurde dann die die Ausweisung für ein Fachmarktzentrum von
der Stadt abgelehnt und eine Nachfolgenutzung für gewerbliche Zwecke
vorbereitet. Mit dem Bebauungsplan
Gewerbegebiet Nördliche Münchener Straße vom 11.03.2009 erfolgte dann die
entsprechende Ausweisung für das frühere „Lentner-Betriebsgelände“ sowie deren
Erweiterung um eine Parkplatzfläche. Der Planteil ist in der Abbildung 2
ersichtlich.
Mit dem 2.
Bauabschnitt folgte dann am 12.10.2012 der nächste Planungsabschnitt
(„Gustl-Waldau-Straße BA2“). Der Bebauungsplan Gustl-Waldau-Straße (BA2) ist für den Planteil aus der Abbildung
3 ersichtlich.
Bereits anlässlich der Bebauungsplanänderung für den 2.
Bauabschnitt an der Gustl-Waldau-Straße in den Jahren 2011/2012 wurde mit
Schreiben vom 08.11.2011 die Erweiterung des Planungsgebietes auf die Fl.Nr.
306 beantragt. Aus privaten Gründen wurde aber der Antrag dann wieder
zurückgenommen.
Abbildung 1:
Abbildung 2:
Abbildung 3:
2. Städtebauliche Beurteilung
Entscheidende
Bedeutung kommt bei der Bauleitplanung im dortigen Teilraum dem
Optimierungsgebot zu (§ 50 BImSchG), wonach ein Nebeneinander von sich
gegenseitig störenden Nutzungen so weit wie möglich zu vermeiden ist. Dem
folgend wurden im Bebauungsplan „Gewerbegebiet Nördliche Münchener Straße“ vom
11.03.2009 flächenbezogene immissionswirksame Schallleistungspegel durch sog.
Emissionskontingente festgesetzt.
Die aus den
festgesetzten Emissionskontingenten resultierende Immissionsbelastung an den
unterschiedlichen Immissionsorten ist aus der folgenden Tabelle ersichtlich.
Dabei ist der Immissionsort IO11 maßgeblich für die immissionsschutzrechtliche
Beurteilung im jetzt geplanten Wohngebiet auf Fl.Nr. 306.
Tabelle Immissionskontingente
LIK ausgehend vom
Bebauungsplan tags
(06:00–22:00 Uhr), alle Angaben in dB(A)
Tabelle Immissionskontingente
LIK ausgehend vom
Bebauungsplan nachts
(22:00–06:00 Uhr), alle Angaben in dB(A)
Bei den oben festgesetzten Werten handelt es sich um die im benachbarten „Gewerbegebiet Nördliche Münchener Straße“ zugeordneten Emissionskontingente inklusiv Zusatzkontingente. Durch diese wird – unter Berücksichtigung möglicher weiterer Gewerbeflächenentwicklungen – eine immissionswirksame Schallleistung definiert, bei deren Einhaltung die geltenden Immissionsrichtwerte in den im Umfeld vorhandenen oder noch zu erwartenden Wohngebieten eingehalten werden können.
Damit ist sichergestellt, dass auch im jetzt beantragten Plangebiet
a) keine unzumutbaren Lärmeinwirkungen aus dem benachbarten Gewerbeflächen entstehen (gesunde Wohnverhältnisse) und
b) auch keine Ansprüche auf Betriebsbeschränkungen (§ 22 BImSchG) gegenüber dem benachbarten Gewerbebetrieb begründet werden.
Das Grundstück
Fl.Nr. 306 liegt mit einer Entfernung von nur ca. 30 m offenkundig auch im
Einwirkungsbereich des Verkehrslärms von der Münchener Straße (St 2089). Nach
den vorliegenden Verkehrsgutachten wird für den Prognosehorizont 2025 eine
Verkehrsbelastung von 7.200 Kfz/Tag (Anteil Schwerverkehr 4%) ermittelt; mit
der Fertigstellung der Ostumfahrung reduziert sich die Verkehrsbelastung um ca.
2.500 Kfz/Tag auf 4.700 Kfz/Tag.
Bei einer
überschlägigen Beurteilung des (gegenwärtigen) Verkehrslärms ist am südlichsten
Gebäude im Plangebiet an der Ostfassade mit einem Beurteilungspegel von ca.
48–50 dB(A) nachts zu rechnen. Damit werden die Orientierungswerte der für die
Bauleitplanung relevanten DIN 18005 für Allgemeine Wohngebiete von 45 (nachts)
dB(A) überschritten.
Die Belange der
Wohnruhe (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) stellen in der Bauleitplanung einen
gewichtigen Belang dar. Die Beurteilung erfolgt hierbei nach der DIN 18005, die
jedoch keine strikt zu beachtenden Grenzwerte beinhaltet, sondern (beim
Verkehrslärm) der planerischen Abwägung zugängliche Orientierungswerte (BVerwG,
22.03.2007). Die Zumutbarkeit des Lärms in der Bauleitplanung ist vielmehr nach
den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und kann gerade bei der baulichen
Entwicklung innerstädtischer Grundstücke auch deutlich oberhalb der
Orientierungswerte liegen. Durch die Lage des Verkehrswegs an der Ostseite
können durch eine Grundrissorientierung zumindest für die schutzwürdigen
Aufenthaltsräume angemessene Lärmreduzierungen erreicht werden. Es verbleibt
die Lärmbelastung in den Außenwohnbereichen, die aber angesichts der Knappheit
an Bauland hier hingenommen werden kann.
Die Erschließung
der Grundstücke erfolgt über die bestehende Gustl-Waldau-Straße. Die Straße
wurde bereits beim 2. Bauabschnitt um eine Wendefläche ergänzt und ist damit
auch für Rettungs- und Entsorgungsfahrzeuge befahrbar. Langfristig ist eine
Wegeverbindung für Fußgänger/Radfahrer zur Münchener Straße vorgesehen, jedoch
keine Straßenanbindung. Zu sichern und zu errichten ist nur die Verlängerung
der Straße bis zur östlichen Grundstücksgrenze. Das Grundstück ist auch durch
die bestehenden öffentlichen Erschließungsanlagen schon ausreichend angebunden
3. Verfahren
Der Teilraum ist an
drei Seiten von einer Bebauung umgeben und wird im Westen durch die Münchener
Straße begrenzt. Aufgrund dieser siedlungsstrukturellen Gegebenheit
(„Außenbereichsinsel“) liegen diese Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs und
eröffnen den Anwendungsbereich des § 13a BauGB (Bebauungsplan zur
Innentwicklung). Auch der Flächennutzungsplan und die Strukturplanung bringen
diese planerische Konzeption zur Innenentwicklung zum Ausdruck.
Auch die übrigen
Voraussetzungen des § 13a BauGB liegen vor:
a)
Der
Bebauungsplan ermöglicht eine maximale Grundfläche von ca. 2.000 m²; selbst
unter Einbeziehung des Parkplatzes im „Gewerbegebiet Nördliche Münchener
Straße“ und der Bebauungspläne „Gustl-Waldau-Straße – BA 1 und BA2“ wird die
max. Grundfläche von 20.000 m² sicher unterschritten.
b)
Es
besteht keine Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht (Anlage Nr. 18.7 UVPG)
Das Planungsgebiet
hat eine Größe von ca. 1.200 m². Die gesamte Fläche ist weitgehend eben und
wird derzeit landwirtschaftlich genutzt.
Anmerkung:
Gesondert zu
entscheiden ist dann noch die konkrete Umsetzung des Grundsatzbeschlusses zur
Wohnungsbaupolitik vom 10.11.2015. Inhaltlich ist der Anwendungsbereich des
Grundsatzbeschlusses eröffnet. Beim Erlass des Grundsatzbeschlusses wurde auch
über den Umgang sog. Kleinflächenausweisungen und dessen Vollzug diskutiert.
Ziffer 3. Buchstabe b berücksichtigt diese Fallgestaltung insoweit hinsichtlich
eines Eigenbedarfs (Wohnbedarf des Eigentümers oder seiner Kinder). Wenn dieser
über den vorgegebenen Eigenanteil (65%) hinausgeht, ist der Eigenbedarf
vorrangig. Fallbeispiel: Ausweisung für 3 Wohnhäuser und Eigenbedarf für 3
Kinder. Hier würde der öffentliche Sozialbedarf (35%) entfallen.
Ob es aber eine
Untergrenze für die Anwendung des Grundsatzbeschlusses gibt, wurde damals offen
gelassen und sollte im Einzelfall durch Abweichung (Ziffer 6) entschieden
werden. Es häufen sich jetzt Bauleitplanungen für Grundstücke mit 2
Wohnhäusern, teilweise auch als Grundstücksanteil innerhalb eines größeren
Baugebietes. Um hier bereits im Vorfeld die entsprechende Planungssicherheit zu
bieten, wären verbindliche Vollzugshinweise wünschenswert.
Die gegenständliche
Bauleitplanung mit nur 2 Bauflächen für Wohnhäuser betrifft eine entsprechende
Fallkonstellation. Denkbar wäre, erst Baulandausweisungen mit Bauflächen für
mehr als 2 Häuser dem Anwendungsbereich des Grundsatzbeschlusses zu
unterwerfen. Es wäre dann erst das 3. Haus (die Sozialquote von 35%)
entsprechend für die soziale Wohnraumversorgung zu sichern. Zu klären ist dann
aber auch, wie mit Doppelhäusern umgegangen wird, wenn dieser Haustyp (was der
Regelfall ist) nicht zwingend festgesetzt ist.
Der Stadtrat
beschloss einstimmig auf Empfehlung des Bau-, Werk- und
Umweltausschusses:
1.
Die Aufstellung eines Bebauungsplans
(Gustl-Waldau-Straße – BA 3“ für den südlichen Teil des Grundstücks Fl.Nr. 306
der Gemarkung Grafing für die Errichtung von 2 Wohnhäusern wird beschlossen.
2.
Der Bebauungsplan wird im beschleunigten
Verfahren nach § 13a BauGB als Bebauungsplan zur Innenentwicklung aufgestellt;
auf die Durchführung der Umweltprüfung wird verzichtet.
3.
Schutzvorkehrungen
gegenüber den Verkehrslärmimmissionen sind zu treffen; die tatsächliche
Lärmbelastung ist durch eine schalltechnische Untersuchung nachzuweisen.
3. Die Kosten des Bebauungsplanverfahrens haben die
Grundstückseigentümer zu tragen. Hierfür ist ein Städtebaulicher Vertrag zur
Übernahme der Planungskosten (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) abzuschließen.
4. Der Grundsatzbeschluss zur Wohnungsbaupolitik in der dann
zum Vertragsabschluss geltenden Fassung kommt zur Anwendung, wenn die Bebauung
nicht für die Wohnraumversorgung des Eigentümers oder seiner Familie genutzt
wird. Der Zielbindungsvertrag zur Umsetzung des Grundsatzbeschlusses zur Wohnungsbaupolitik
ist vor dem Satzungsbeschluss zum Abschluss zu bringen.
6. Das Satzungsverfahren ist frühestens im Jahr 2019
fortzuführen.