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Sitzung: | 05.07.2016 StR/026/2016 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Die Erste Bürgermeisterin erteilt dem Vertreter der Verwaltung, Herrn
Bauer, das Wort.
Dieser erläutert die folgende zur Verfügung gestellte Beschlussvorlage:
Gebühren für die Abwasserentsorgung
Die Gebühren und Beiträge für die Abwasserentsorgung müssen nach vier
Jahren und mit dem Ende der laufenden Kalkulationsperiode neu kalkuliert
werden. Art. 8 Abs. 4 Halbsatz 1 KAG bestimmt, dass die Gebühren nach dem
Ausmaß zu bemessen sind, in dem die Gebührenschuldner die öffentliche
Einrichtung benutzen. Hierdurch hat sich der Gesetzgeber aber nicht auf einen
Wirklichkeitsmaßstab festgelegt. Für die Bemessung der Abwassergebühren kommt
dieser Wirklichkeitsmaßstab regelmäßig auch nicht in Frage, weil hierzu nicht
nur die Menge des zu entsorgenden Abwassers, sondern auch dessen
Zusammensetzung, der Reinigungsaufwand und weitere Besonderheiten
berücksichtigt werden müssten.
Die Abwassergebühren wurden bisher in aller Regel nach dem
„Frischwassermaßstab“ (einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab) bemessen. Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) und des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) eignet sich dieser Frischwassermaßstab
uneingeschränkt für die Gebührenbemessung des Schmutzwassers, ist aber für die
Entsorgung des Niederschlagswassers nur bedingt als geeignet anzusehen.
Geeignet ist der Frischwassermaßstab dann, wenn der Kostenanteil für die
Regenwasserentsorgung nicht höher als insgesamt 12% der Gesamtkosten ist oder
eine homogene Siedlungsstruktur besteht. Ansonsten müssen die genauen Kosten
für die Schmutzwasser- und die Regenwasserentsorgung ermittelt werden und nach
der Größe des jeweiligen Grundstücks sowie dem Versiegelungsgrad umgelegt
werden. Für das Vorliegen einer homogenen Siedlungsstruktur und der damit
gegebenen Möglichkeit, den Frischwassermaßstab in Grafing beizubehalten,
fordert die geltende Rechtssprechung allerdings einen Nachweis. Dieser kann in
Grafing voraussichtlich nicht erbracht werden.
Aufgrund der vorherrschenden Rechtssprechung ist man in den letzten Jahren
von der Gebühr, die zwischen der Entsorgung von reinem Schmutzwasser und der
Entsorgung von Schmutz- und Regenwasser unterscheidet, abgewichen. Die
Verwendung des so genannten Frischwassermaßstabs für die Gebührenberechnung
wurde wegen des Gleichheitsgrundsatzes für bestimmte Fälle in Frage gestellt.
Die Ermittlung der Grundstücksgrößen und die Festlegung des Versiegelungsgrades
sind in der Regel sehr zeit- und kostenintensiv, da alle Grundstücke einzeln
untersucht werden müssen. Viele Kommunen vergeben diese Arbeiten extern, was zu
weiteren Kosten führt.
Die Rechtssprechung fordert, dass im Rahmen der Gebührenkalkulation zumindest
überschlägig zu überprüfen ist, ob die Erheblichkeitsschwelle eingehalten wird
(Geschäftsbericht des BKPV 2004 Seite 24).
Um in dieser Frage endgültig Rechtssicherheit zu erlangen, hat die Stadt
den Kommunalen Prüfungsverband beauftragt, die Einhaltung der
Erheblichkeitsschwelle von 12% nachzuweisen. Damit wird auch nachgewiesen, dass
im Falle einer inhomogenen Siedlungsstruktur, der Frischwassermaßstab weiterhin
als geeigneter Parameter für die Gebührenberechnung dienen kann.
Außerdem sollte die Systematik der Abschreibung geändert werden, indem
nicht mehr auf die Anschaffungskosten des Anlagevermögens, sondern auf den
Wiederbeschaffungswert abgeschrieben wird. Diese Möglichkeit ergibt sich seit
kurzem aus Art. 8 Abs. 3 KAG. Damit ergeben sich zwar höhere Gebühren, der
Bedarf an Fremdfinanzierungsmitteln wird aber gesenkt. Langfristig soll damit
ein Ansteigen der Verschuldung bei den Stadtwerken verhindert und ein Abbau der
Verschuldung eingeleitet werden.
Insgesamt wurden sämtliche Anlagen und Aufwandspositionen der Stadt durch
den Kommunalen Prüfungsverband in einem Zeitraum von drei Monaten überprüft und
die Gebühren sowie die Herstellungsbeiträge neu berechnet. Die Stadt hat dafür
ein Gutachten erhalten.
Es ergeben sich nach der Kalkulation folgende Gebühren:
|
Schmutzwasser |
Schmutz-
und Niederschlagswasser |
Bisherige Gebühr |
2,05 €/m³ |
2,40 €/m³ |
Neue Gebühr |
2,47 €/m³ |
2,80 €/m³ |
Steigerung |
20% |
16% |
Herstellungsbeiträge für die Abwasserentsorgung
Grundlage für die
Erhebung von Beiträgen für leitungsgebundene Einrichtungen ist Art. 5 KAG
Danach können Gemeinden zur Deckung des Aufwands für die Herstellung,
Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen
(Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und
Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser
Einrichtungen besondere Vorteile bietet.
Diese so genannten
Herstellungsbeiträge dienen dem Vorteilsausgleich, den der Einzelne durch die
Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung hat. Das Prinzip des angemessenen
Vorteilsausgleichs (Äquivalenzprinzip) gehört deshalb neben dem
Gleichheitsgrundsatz zu den wesentlichsten Grundsätzen für die Abgabenerhebung.
Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist das Kostendeckungsprinzip.
Dieser Grundsatz
beinhaltet auf der einen Seite (Untergrenze) das Kostendeckungsgebot, das die
Gemeinden (zum Schutz der Gemeindefinanzen) verpflichtet, die Höhe der Abgaben
so zu bemessen, dass die dadurch erzielten Einnahmen (Beiträge und Gebühren)
nicht hinter den Kosten der Einrichtung zurückbleiben. Auf der anderen Seite
beinhaltet er (als Obergrenze) ein Kostenüberschreitungsverbot, das der
Gemeinde (zum Schutz des Bürgers) verbietet, über die Deckung der Gesamtkosten
hinausgehende Einnahmen zu erzielen (Gewinnerzielungsverbot).
Außerdem ist bei der
Erhebung von grundstücksbezogenen Beiträgen der Grundsatz der Einmaligkeit der
Beitragserhebung zu beachten. Demnach darf dasselbe Grundstück nur einmal zu
einem Beitrag herangezogen werden. Davon ausgenommen sind „weitere"
Beitragserhebungen für den Fall, dass dem Grundstück neue Vorteile aus der
Einrichtung zukommen. Hier sind neben der Beitragsnacherhebung (für
Erweiterungen der Anlagen und Grundstücksvergrößerungen) vor allem die so
genannten Ergänzungsbeiträge zu kennen.
Abzugrenzen sind die
(einmaligen) Beiträge von den (laufenden) Gebühren. Vereinfacht ausgedrückt
wird mit den Beiträgen der Investitionsaufwand der Einrichtung refinanziert,
mit den Gebühren der laufende Betriebsaufwand. Teil des gebührenfähigen
Aufwands sind auch die kalkulatorischen Kosten, die auch den nicht durch
Beiträge gedeckten Investitionsaufwand zu berücksichtigen haben. Dies hat zur
Folge, dass nicht durch Beiträge abgedeckte Investitionsaufwendungen eine
Erhöhung der Gebühren zur Folge haben.
Der
Investitionsaufwand für die Oberflächen- und die Schmutzwasserentwässerung ist
getrennt zu ermitteln und auf die dementsprechenden Beitragsteile
(Grundstücksflache und Geschossfläche) aufzuteilen.
Im Ergebnis wird
sowohl für die Grundstücke mit reiner Schmutzwassereinleitung als auch für
diejenigen mit einer Schmutz- und Oberflächenwassereinleitung ein einheitlicher
Beitragssatz für die Geschossfläche ermittelt. Für Grundstücke mit
Oberflächenwasserableitung fällt dann zusätzlich noch ein Grundstücksflächenbeitrag
an.
Auch diese Beiträge
wurden vom Kommunalen Prüfungsverband kalkuliert. Nach der Kalkulation beträgt
der nicht anderweitig gedeckte Aufwand (also nach Abzug staatlicher
Zuwendungen) nach Abzug des bei der Abwasserbeseitigung auf die
Straßenentwässerung entfallenden Anteils im Ergebnis
a) für die Geschossfläche 20.701.100 €
b)
für die
Grundstücksfläche 3.028.600 €
Als weiterer Parameter
ist die für die Kalkulation maßgebliche erschlossene Grundstücks- und Geschossfläche
(sog. Beizugsflächen) zu ermitteln. Diese wurde bei der erstmaligen
Beitragskalkulation im Jahre 1993 in Form der Mustergebietserhebung ermittelt.
Hier wurden früher die Beizugsflächen (Grundstücksflächen und Geschossflächen)
aufgrund sachgerecht ausgewählter repräsentativer Mustergebiete ermittelt, in
dem die durchschnittliche Grundstücks-/Geschossfläche, die – getrennt nach
Grundstücksarten – ermittelt und nach ihrem Anteil im Entsorgungsgebiet
hochgerechnet wurden. Die Ermittlung der zu Grunde liegenden Fläche ist
mittlerweile ohne großen Aufwand mit dem städtischen EDV-Programm möglich.
Somit ist bei der Kalkulation auszugehen von
a) einer Grundstücksfläche von
3.454.891 m2 und
b) einer Geschossfläche von
1.356.233 m2.
Auf dieser Grundlage ergeben sich folgende Beitragssätze:
Investitionen Oberflächenentw. =
3.028.600 € : Grundstücksfl. 3.454.891m² =
0,88 €
Investitionen Schmutzwasser =
20.701.100 € : Geschossfl. 1.356.233
m² = 15,26 €
Beitragssatz pro m2
Grundstücksfläche: € 0,88
(€ 0,80 )
Beitragssatz pro m2 Geschossfläche: € 15,26 (€ 16,33)
Insgesamt bleibt der Beitrag relativ stabil.
Durch ein Berechnungsbeispiel für ein repräsentatives Grundstück (350 m²
Grundstücksfläche, 250 m³ Geschossfläche) wird die Kostenentwicklung
verdeutlicht:
1. Schmutzwassereinleitung
|
m² |
jetzt |
vorher |
Geschossfläche |
250 |
3.815,– € |
4.082,50 € |
Differenz |
|
|
-267,50
€ |
2. Schmutz- und Oberflächenwassereinleitung
|
m² |
jetzt |
vorher |
Geschossfläche |
250 |
3.815,– € |
4.082,50 € |
Grundstücksfläche |
350 |
308,– € |
280,– € |
|
|
4.123,– € |
4.362,50 € |
Differenz |
|
|
–239,50
€ |
Der Stadtrat beschließt einstimmig, der
vorgeschlagenen Gebührenanpassung und der vorliegenden Satzungsänderung mit
Wirkung zum 01.10.2016 zuzustimmen:
8. Satzung zur Änderung der
Beitrags- und Gebührensatzung
zur Entwässerungssatzung
der Stadt Grafing b. München
(BGS-EWS)
Aufgrund der Art. 2,
5, 8 und 9 des Kommunalabgabengesetzes -KAG- (BayRS 2024-1-I) in
der Fassung der
Bekanntmachung vom 4. April 1993 GVBl. S. 264, geändert durch Gesetze
vom 24. Dezember
1993 GVBl. S. 1063, vom 8. Juli 1994 GVBl. S. 553, vom 26. April 1996
GVBl. S. 152, vom
27. Dezember 1996 GVBl. S. 541, vom 9. Juni 1998 GVBl. S. 293, vom
24. Juli 1998 GVBl.
S. 424, vom 24. April 2001 GVBl. S. 140, vom 25. Juli 2002 GVBl. S. 322(FN
BayRS 2024-1-I) in Verbindung mit Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat
Bayern– GO - erlässt die Stadt Grafing b.München folgende Beitrags- und Gebührensatzung
zur Entwässerungssatzung (BGS-EWS):
§ 1
Die Beitrags- und Gebührensatzung zur
Entwässerungssatzung der Stadt Grafing b. München vom 13.10.2004, zuletzt
geändert durch die 7. Änderungssatzung vom 01.03.2016 wird wie folgt geändert:
§ 6 erhält folgende Fassung:
§ 6
Beitragssatz
(1)
Der
Beitrag beträgt pro m2 Geschossfläche 15,26 Euro.
(2) Der
Beitrag beträgt pro m2 Grundstücksfläche 0,88 Euro, wenn
a)
gemäß § 4
EWS ein Recht zur Einleitung von Schmutzwasser und Niederschlagswasser besteht
oder
b)
in die
Entwässerungseinrichtung tatsächlich Schmutzwasser und Niederschlagswasser
eingeleitet wird oder
c)
aufgrund
einer Sondervereinbarung gemäß § 7 EWS die Einleitung von Schmutzwasser und
Niederschlagswasser möglich ist."
§ 10 Abs.1 erhält folgende Fassung:
§ 10
Einleitungsgebühr
(1) Die Einleitungsgebühr wird nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze nach
der Menge der Abwässer berechnet, die der Entwässerungseinrichtung von den
angeschlossenen Grundstücken zugeführt werden. Die Gebühr beträgt pro Kubikmeter
Abwasser
a) 2,80
Euro
soweit
1.
gemäß § 4
EWS ein Recht zur Einleitung von Schmutzwasser und Niederschlagswasser besteht
oder
2.
in die
Entwässerungseinrichtung tatsächlich Schmutzwasser und Niederschlagswasser
eingeleitet wird oder
3.
aufgrund
einer Sondervereinbarung gemäß § 7 EWS die Einleitung von Schmutzwasser und
Niederschlagswasser möglich ist.
b) 2,47
Euro
soweit
1.
gemäß § 4
EWS ein Recht zur Einleitung ausschließlich von Schmutzwasser besteht
oder
2.
in die
Entwässerungseinrichtung tatsächlich nur ausschließlich Schmutzwasser
eingeleitet wird oder
3.
aufgrund
einer Sondervereinbarung gemäß § 7 EWS die Einleitung ausschließlich von
Schmutzwasser möglich ist.
§ 2
Inkrafttreten
Diese Satzung tritt mit Wirkung zum 01.10.2016
in Kraft.
Grafing b.München, den
Obermayr
Erste Bürgermeisterin