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Sitzung: | 14.04.2015 StR/011/2015 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Die
Sitzungsleiterin erteilt dem Vertreter der Verwaltung, Herrn Bauer, das Wort.
Dieser erläutert
die zur Verfügung gestellte folgende Beschlussvorlage:
Mit Schreiben vom
31.03.2015 hat die Fraktion Bündnis für Grafing (BfG) den Antrag gestellt, den
Hebesatz für die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Betriebe) auf
300 und die Grundsteuer B (für die Grundstücke) auf 400 anzuheben. Begründet
wurde der Antrag vor allem mit der geringeren notwendigen Schuldenaufnahme in
den nächsten Jahren aufgrund der Mehreinnahmen durch die Erhöhung der
Grundsteuern.
Die Grundsteuer ist
in Deutschland eine Steuer auf das Eigentum an Grundstücken und deren Bebauung
(Substanzsteuer). Gesetzliche Grundlage der Grundsteuer ist das
Grundsteuergesetz (GrStG). Auf den von der Finanzbehörde festgestellten
Einheitswert wird nach Feststellung des Grundsteuer-Messbetrags ein je Gemeinde
individueller Hebesatz angewendet. Durch Anwendung verschiedener Hebesätze
fällt die Grundsteuerbelastung trotz gleicher Einheitswerte in verschiedenen
Gemeinden unterschiedlich hoch aus. Die Grundsteuer ist eine der ältesten
bekannten Steuerarten. In Deutschland gibt es ein einheitliches
Grundsteuerrecht seit dem 1. April 1938.
Man unterscheidet
zwischen Grundsteuer A (für Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft) und
Grundsteuer B (für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude). Die
Grundsteuer ist eine Realsteuer im Sinne von § 3 Abs. 2 AO. Im Mittelpunkt der
Grundsteuer steht der Grundbesitz. Da die Grundsteuer nach Art. 106 Abs. 6 GG
den Gemeinden zufließt, handelt es sich um eine Gemeindesteuer.
Nach einer
Veröffentlichung in der Gemeindekasse vom März 2015 lag bei kreisangehörigen
Gemeinden wie Grafing mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern der durchschnittliche
Hebesatz für die Grundsteuer A im Jahr 2014 bei durchschnittlich bei 333,8. Für
die Grundsteuer B lag er bei durchschnittlich 327,8 für das Jahr 2014. Für den
Landkreis liegen die Zahlen für 2013 vor. Damals betrug der gewogene
durchschnittliche Hebesatz bei der Grundsteuer A bei 294,1 und bei der
Grundsteuer B bei 321,3.
In Grafing liegen
die Einnahmen für die Grundsteuer A mit einem Hebesatz von 250 bei jährlich ca.
37.000.– €. Diese Einnahme ist seit Jahren relativ konstant. Die beantragte
Erhöhung des Hebesatzes auf 300 Punkte würde zu Mehreinnahmen von 7.400,– €
führen. Der Hebesatz für die Grundsteuer A ist seit Jahrzehnten unverändert.
Die Einnahme aus
der Grundsteuer B liegt bei einem Hebesatz 300 bei rund 1.260.000,– €. Sie ist
ebenfalls sehr konstant, ist aber aufgrund der Hebesatzerhöhung im Jahr 2012 um
150.000,– € angestiegen. Damals wurde der Hebesatz von 280 auf 300 erhöht
worden. Ein gewisser Anteil der Steigerungen bei dieser Einnahme muss auf den
Zuzug zurückgeführt werden. Davor wurde der Hebesatz zum letzten Mal 1997
erhöht. Eine Anhebung auf 400 Punkte würde zu Mehreinnahmen von 420.000,– €
führen.
Bundesweit betrug
das Aufkommen der Grundsteuer im Jahr 2010 ca. 11,3 Mrd. €. Davon entfallen
10,9 Mrd. € auf die Grundsteuer B und 0,4 Mrd. € auf die Grundsteuer A. Für die
Finanzplanung ist die Grundsteuer eine verlässliche Größe. Mehrere
Verfassungsbeschwerden gegen die Erhebung von Grundsteuern auf selbstgenutztes
Grundeigentum wurden vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung
angenommen.
Die Verwaltung hält
die Beratung über eine Erhöhung der Grundsteuer für das Haushaltsjahr 2015 für
verspätet, vor allem im Hinblick darauf, dass der Haushalt zweimal – in einer
Fraktionssprechersitzung und im Finanzausschuss – vorberaten wurde.
Der Haushalt könnte
am 14.04. nicht wir vorgesehen beschlossen werden, und die haushaltslose Zeit,
in der die Stadt nur eingeschränkten Handlungsspielraum für Investitionen und
sonstige Ausgaben hat, würde sich verlängern.
Die Erhöhung ist
vor allem bei der Grundsteuer B sehr drastisch. Nachdem Grund- und
Gewerbesteuer bereits 2012 erhöht wurden, ist eine Erhöhung der Grundsteuer das
falsche Signal. Zunächst soll über Sparmaßnahmen eine Konsolidierung erreicht
werden.
In Anschluss daran
spricht die Erste Bürgermeisterin über ihre persönliche Einstellung zu einer
evtl. Grundsteuererhöhung und führt dabei aus, dass ihrer Einschätzung nach
Steuererhöhungen das völlig falsche Signal für Grafing, seine Bevölkerung und
seine Gewerbetreibenden wäre. Im Vordergrund müssten Einsparungen stehen, die
sich im Verlaufe der zurückliegenden Haushaltsberatungen als möglich
herausstellten.
Dieser Weg sollte
weiter beschritten werden.
Sodann erläutert
Stadtrat Dr. Fröhlich den Antrag der BfG-Fraktion:
Er weist dabei auf
das recht drastische Absinken der Rücklagen in den nächsten Jahren hin, was
auch nach Ansicht der Rechtsaufsichtsbehörde einen Substanzverlust darstelle,
dem entgegengewirkt werden müsse. Die steuerliche Mehrbelastung liege auch auf
breiten Schultern, da ca. 5.600 Grafinger Bürger/innen die Gewerbesteuer A+B
bezahlen müssten.
Die in den
Haushaltsberatungen vorgenommenen Einsparungen im Haushalt seien seiner Meinung
nach fadenscheinig, da zwingend zu tätigende Ausgaben lediglich in die Zukunft
verschoben worden wären.
Angesichts der
geplanten und teilweise auch schon beschlossenen Investitionen sei für eine
Grundsteuererhöhung und somit einer Einnahmenmehrung jetzt der richtige
Zeitpunkt, zumal auch die Risiken eines städtischen Haushalts (z.B. sinkende
Gewerbesteuereinnahmen, demographischer Wandel) nicht ausreichend gewürdigt
worden seien.
In direkter Antwort
auf die Ausführungen des Stadtrates Dr. Fröhlich bringt die Sitzungsleiterin
ihren Unmut zum Ausdruck, dass bei den Haushaltsvorberatungen kein Vertreter
der BfG-Fraktion anwesend gewesen wäre und deshalb dieser Antrag, jetzt da der
Haushalt schon stünde, zum falschen Zeitpunkt käme.
In der
anschließenden Diskussion wurde die Meinung vertreten, dass Steuererhöhungen
allenfalls nur dann in Frage kämen, wenn die Finanzierung der Pflichtaufgaben
nicht gewährleistet sei, keinesfalls sollten aber „Wunschprojekte“ damit realisiert
werden.
Wieder andere
Stadtratsmitglieder sahen ebenfalls die Notwendigkeit, die Einnahmen im Haushalt zu erhöhen, nur nicht (mehr) in
diesem Haushaltsjahr, wohl aber gedacht als
Diskussionsgrundlage
für die Haushaltsberatungen der kommenden Jahre.
Überdies wäre das Generieren von Einnahmen auch ein Thema für die Ratsklausur im Herbst 2015.
Der Stadtrat
beschließt gegen 3 Stimmen, einer Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer A
und B nicht zuzustimmen.